Elli
ist gerade dabei ihren Wunschzettel für den Weihnachtsmann zu schreiben, als
ihre Eltern vom Einkauf zurückkommen. Schnell steckt sie das Blatt in einen
Briefumschlag und klebt diesen zu.
„Hallo
Elli, entschuldige, dass wir so spät kommen, aber es ist etwas passiert“, sagt
die Mama. „Was hast du in der Zwischenzeit gemacht?“
„Dem
Weihnachtsmann einen Brief geschrieben“, antwortet sie und hält diesen ihrer
Mama entgegen.
„Der
ist aber dick. Wie viele Wünsche hast du denn?“ Mama wuschelt ihr liebevoll
durchs Haar.
Nun
kommt auch Papa ins Zimmer. „Hat Mama dir schon berichtet, warum wir uns
verspätet haben?“
„Nein.
Was ist passiert?“
„Uns
ist ein Hund vor das Auto gelaufen. Zum Glück konnte Papa noch rechtzeitig
bremsen.“
„Wurde
er verletzt?“, fragt Elli voller Sorge. „Warum habt ihr ihn nicht mitgebracht?
Ich würde mich gern um ihn kümmern.“ Sie schielt zu dem Brief an den
Weihnachtsmann.
„Das
wissen wir nicht“, antwortet Papa. „Wir haben ihn auf den Arm genommen und
abgetastet. Schmerzen schien er keine zu haben. Er war ziemlich schmutzig und
kalt. Kein Wunder bei diesen eisigen Temperaturen.“
„Außerdem
darf man Fundtiere nicht einfach behalten“, sagt Mama. „Wir haben ihn zum
Tierheim gebracht. Dort wird er versorgt und tierärztlich behandelt. Auch
suchen die Mitarbeiter nach dem Besitzer.“
„Schade“,
sagt Elli und schaut ihre Eltern sehr traurig an. „Wenn er kein Herrchen oder
Frauchen hat, darf ich ihn dann haben?“
Papa
schüttelt den Kopf. „Darüber haben wir doch schon öfter gesprochen. Wir haben
keine Zeit für einen Hund.“
„Mama,
bitte, bitte …“, bettelt Elli.
Mama
zuckt mit den Schultern. „Das will gut überlegt sein.“
„Darf
ich ihn wenigstens mal besuchen und mit ihm Gassi gehen?“
„Ich
habe ein Plakat gesehen“, erinnert sich Mama. „Am 4. Advent ist ein Tag der
offenen Tür im Tierheim. Was haltet ihr davon, wenn wir zusammen dahin gehen?“
„Ja,
das wäre toll. Bitte Papa, komm dann auch mit.“
Elli
hüpft vor Begeisterung und Vorfreude in ihrem Zimmer auf und ab.
Die
nächsten Tage vergehen für Elli wie im Schneckentempo. Sie muss immerzu an den
Hund denken und ist traurig darüber, dass er im Tierheim in einem Zwinger
allein sein muss.
Als
ihre Mama von der Arbeit kommt, bittet sie sie, sich zu erkundigen, ob sich ein
Besitzer gemeldet hat. Sie schnappt sich das Telefon und hält es ihrer Mama
entgegen.
Nach
ein paar Minuten erfährt sie, dass die Polizei das Frauchen ausfindig gemacht
hat.
Elli
stehen Tränen in den Augen. „Ich habe mich so sehr gefreut.“
„Ich
weiß Schatz. Irgendwie hatte ich auch gehofft, dass … Na ja, lassen wir das. Es
sollte nicht sein.“
Elli
geht in ihr Zimmer und zerreißt den Umschlag, in dem sich der Wunschzettel
befindet. In hohem Bogen wirft sie die Schnipsel in den Papierkorb. „Blödes
Weihnachtsfest. Dann will ich gar nichts haben.“
Am
nächsten Tag bittet Mama Elli, ihr bei der Dekoration zu helfen. „Ich kann gar
nicht sehen, dass du mit so einer Trauermiene herumläufst. Vielleicht kommst du
dann in Weihnachtsstimmung.“
„Von
mir aus kann das Fest ausfallen“, antwortet Elli. Lustlos hängt sie den
Strohschmuck an die Tannenzweige in der großen Bodenvase.
„Dann
möchtest du morgen auch nicht mit ins Tierheim kommen?“, fragt Mama.
„Wozu
denn?“, fragt Elli und schon wieder steigen ihr Tränen in die Augen.
„Wir
können doch mal schauen, ob sich ein Hund findet, mit dem wir Gassi gehen
können.“
„Von
mir aus. Aber ein eigenes Hündchen, das wäre so schön.“
Am
4. Advent wacht Papa auf und schnüffelt hörbar die Luft ein. Er tastet nach
Mama und ist erstaunt, dass sie noch schläft. „Schatz, wach auf, ich glaube es
sind Einbrecher im Haus.“
„Was?
Wie kommst du darauf?“
„Hör
mal, es scheppert in der Küche, außerdem riecht es verbrannt.“
Nun
ist auch Mama hellwach. „Um Gottes Willen. Bei uns gibt es doch nichts zu
holen.“
Papa
springt aus dem Bett und stürmt den Flur entlang. „Wer da?“, ruft er laut. „Die
Polizei ist informiert, sie ist gleich da.“
Sehr
erstaunt ist er, als er vorsichtig durch die Küchentür schaut und Elli am Tisch
sitzen sieht.
„Hast
du schlecht geträumt, Papa?“, fragt sie und kann sich das Lachen nicht mehr
verkneifen.
„Elli,
was machst du so früh hier? Damit kann ja keiner rechnen, dass du das Frühstück
gemacht hast.“
„Ich
wollte euch überraschen.“
Nun
ist auch Mama in der Küche angekommen und freut sich sehr. „Die Überraschung
ist dir gelungen.“
„Die
Polizei könnt ihr wieder abbestellen“, sagt Elli. „Oder sollen sie mich
verhaften, weil ich die Brötchen etwas hab anbrennen lassen?“
„Das
macht nichts, ist mir auch schon passiert.“ Mama nimmt Elli in die Arme und
gibt ihr einen Kuss auf die Stirn.
„Hätten
wir einen Hund, dann würden sich Einbrecher nicht rein trauen“; sagt Elli.
„Darüber solltet ihr mal nachdenken.“
Mama
nickt. „Elli hat recht, dann wäre uns der Schreck in der Morgenstunde erspart
geblieben. Los jetzt, wenn wir schon mal munter sind, dann sind wir vielleicht
die ersten Besucher im Tierheim.“
Pünktlich
10 Uhr lässt Papa das Auto auf den Parkplatz rollen. Sie sind erstaunt, dass es
kaum noch freie Plätze gibt.
Viele
Menschen drängen sich bereits vor den Zwingern und am Katzenhaus bleibt gleich die
Tür auf, weil Interessenten sich die Klinke in die Hand geben. Die meisten
Hunde bellen laut, sind sie es ja nicht gewohnt, so viel Unruhe aushalten zu
müssen.
„Dort
drüben ist Frau Schneider. Bei ihr haben wir den Hund abgegeben. Komm, Elli,
wir fragen sie mal, wie es ihm geht.“ Mama ruft laut nach der Leiterin des
Tierheimes und winkt.
Nachdem
Frau Schneider sie erkannt hat, lächelt sie und kommt auf sie zu. „Das ist toll,
dass Sie hier sind. Dann kann ich ihnen gleich berichten, dass …“ Ein Telefon
klingelt. „Moment, ich muss mal kurz … Schneider. Was? Ja ich komme. Bitte
entschuldigen Sie, ich bin gleich wieder da, ein Notfall.“
Elli
stampft mit dem Fuß auf. „Manno, was ist denn nun?“
„Komm,
wir schauen uns einfach mal um. Wo ist Papa eigentlich?“
„Woher
soll ich das wissen? Bei dem Gedränge macht es keinen Spaß. Außerdem tun mir
die Hunde leid, wie sie begafft und begrabscht werden. Bitte Mama, ich möchte
nach Hause.“
Papa
kommt ihnen aufgeregt entgegen. „Schnell, kommt mal mit ins Hundehaus. Ich habe
da einen Wachhund entdeckt, der ganz bestimmt Diebe in die Flucht schlägt.“
„Ich
will keinen Hund mehr, ich will weg hier“, quängelt Elli.
Papa
ist erstaunt. „Aber Elli …“
Mama
zuckt mit den Schultern. „Lasst uns doch wenigstens mit Frau Schneider noch
reden, damit wir wissen wie es dem von uns geretteten Hund geht.“
„Ich
geh zum Auto und warte auf euch.“ Elli dreht sich um und läuft davon.
Nach
einer halben Stunde kommen ihre Eltern endlich zu ihr.
Mama
hat rote Wangen und erzählt aufregt: „Frau Schneider hat gesagt, dass das
Frauchen unserer Hündin im Krankenhaus war und sie ihrer Gassigeherin ausgebüchst
war. Und dann …“
„Ist
mir egal“, erwidert Elli und wischt sich die Tränen aus dem Gesicht. „Ich will
nach Hause.“
Am
Heiligabend sitzt Elli an ihrem Schreibtisch und puzzelt ihren Wunschzettel
zusammen. Als sie das Bild von dem kleinen Hund, den sie sich vom
Weihnachtsmann gewünscht hat, sieht, streicht sie liebevoll darüber und seufzt.
Nachdem
das Glöckchen ertönt geht sie ins Wohnzimmer. Unter dem Baum liegen große und
kleine Päckchen.
Mama
und Papa sagen gleichzeitig: „Ein schönes Weihnachtsfest, liebe Elli.“
„Mhhh
…“, macht sie und lümmelt sich in Papas Lieblingssessel.
„Möchtest
du das erste Geschenk öffnen?“, fragt Mama.
Elli
steht auf und greift unter den Baum. Sie gibt ihren Eltern die Überraschungen,
die sie für sie gebastelt hat. „Die sind für euch. Ich möchte nichts. Ich hatte
nur einen Wunsch und der wird mir nicht erfüllt, denn aus keinem Päckchen ist
etwas zu hören und es wackelt auch keins.“
„Ach
Elli, warum bist du immer so stur?“ Mama und Papa lächeln geheimnisvoll.
Als
es klingelt ist Elli erstaunt. „Oma und Opa wollten doch morgen erst kommen“,
sagt sie und geht zur Tür. „Was wollen Sie denn hier?“, begrüßt sie Frau
Schneider.
Mama
bittet die Tierheimleiterin ins Wohnzimmer und begrüßt sie mit den Worten: „Das
ist schön, dass Sie zum Heiligabend zu uns kommen. Elli, hättest du mir
zugehört, wüsstest du schon seit dem 4. Advent, dass unser Hündchen im Tierheim
bleiben musste, weil die Besitzerin sich nicht mehr kümmern kann.“
„Waaaasssss???“
Elli reißt ihre Augen auf. „Warum hast du das denn nicht … ach ja, na dann
hättest du es eben deutlicher sagen müssen. Was wird denn nun? Darf ich es
haben?“
„Deshalb
bin ich hier“, sagt Frau Schneider. „Ich wollte dich fragen, ob du dich um die
Kleine kümmern möchtest.“
„Klar,
klar, klar … wo ist sie?“
„In
meinem Auto wartet sie auf dich. Sie heißt Mina. Komm, hilf mir tragen und dann
könnt ihr euch kennenlernen.“
Elli
stürmt zur Tür.
Nach
ein paar Minuten ist sie mit Frau Schneider zurück. Elli trägt einen Beutel mit
Futter und zwei Näpfen und hält die Tür für den Transportkäfig auf.
Sie
kann es kaum erwarten, dass Frau Schneider die Tür öffnet. Langsam und
neugierig kommt ein süßer kleiner Wuschelhund auf Elli zugelaufen. Sie kann ihr
Glück kaum fassen. Tränen laufen über ihre Wangen. Vorsichtig nimmt sie das
Hündchen in die Arme und wird auch gleich abgeschleckt.
„Danke
Mama und Papa, das ist das allerschönste Weihnachtsgeschenk. Sie kann mit in
meinem Bett schlafen, bis wir ihr ein eigenes Körbchen gekauft haben und eine
Leine brauch sie auch noch.“
Elli
setzt die Kleine ab und alle lachen, als sie schnurstracks unter den Baum läuft
und an dem Geschenkband eines großen Päckchen zieht und somit Elli beim
Auspacken hilft. Zum Vorschein kommt eine Hundekuscheldecke und auch Leine,
Halsband und Spielzeug sind dabei.
„Willkommen
in unserer Familie, kleine Mina“, sagt Elli liebevoll.
Mama
und Papa schauen sich an und freuen sich mit Elli, dass das Weihnachtsfest und
die Stimmung nun gerettet sind.
©Heidi
Dahlsen in Zusammenarbeit mit ihrer Enkelin Melissa (8 Jahre)
Webseite
der Autorin www.autorin-heidi-dahlsen.jimdo.com
Kurzvita: Heidi Dahlsen ist
verheiratet, hat zwei Kinder und eine Enkelin. Sie schreibt nicht einfach nur
Bücher, sondern füllt diese mit Lebensgeschichten. Für
sie ist das Schreiben eine Form des Verarbeitens ihrer Erlebnisse. Sie möchte
aufwecken und wachrütteln, die Menschen sensibilisieren und mit Vorurteilen
gegenüber psychischen Erkrankungen aufräumen. Sie wünscht sich, dass von diesen
Krankheiten betroffene Menschen von der Gesellschaft toleriert, akzeptiert und
vor allem in die Gesellschaft integriert werden. Bei allen in ihre Bücher
gepackten Emotionen, Informationen und Abrechnungen gelingt es ihr noch, den
Leser zu unterhalten.
Autoren-Website:
www.autorin-heidi-dahlsen.jimdo.com