Mittwoch, 13. Dezember 2017

Eine wunderbare Weihnachtsüberraschung von Heidi Dahlsen


Foto Heidi Dahlsen
       
Elli ist gerade dabei ihren Wunschzettel für den Weihnachtsmann zu schreiben, als ihre Eltern vom Einkauf zurückkommen. Schnell steckt sie das Blatt in einen Briefumschlag und klebt diesen zu.
„Hallo Elli, entschuldige, dass wir so spät kommen, aber es ist etwas passiert“, sagt die Mama. „Was hast du in der Zwischenzeit gemacht?“
„Dem Weihnachtsmann einen Brief geschrieben“, antwortet sie und hält diesen ihrer Mama entgegen.
„Der ist aber dick. Wie viele Wünsche hast du denn?“ Mama wuschelt ihr liebevoll durchs Haar.
Nun kommt auch Papa ins Zimmer. „Hat Mama dir schon berichtet, warum wir uns verspätet haben?“
„Nein. Was ist passiert?“
„Uns ist ein Hund vor das Auto gelaufen. Zum Glück konnte Papa noch rechtzeitig bremsen.“
„Wurde er verletzt?“, fragt Elli voller Sorge. „Warum habt ihr ihn nicht mitgebracht? Ich würde mich gern um ihn kümmern.“ Sie schielt zu dem Brief an den Weihnachtsmann.
„Das wissen wir nicht“, antwortet Papa. „Wir haben ihn auf den Arm genommen und abgetastet. Schmerzen schien er keine zu haben. Er war ziemlich schmutzig und kalt. Kein Wunder bei diesen eisigen Temperaturen.“
„Außerdem darf man Fundtiere nicht einfach behalten“, sagt Mama. „Wir haben ihn zum Tierheim gebracht. Dort wird er versorgt und tierärztlich behandelt. Auch suchen die Mitarbeiter nach dem Besitzer.“
„Schade“, sagt Elli und schaut ihre Eltern sehr traurig an. „Wenn er kein Herrchen oder Frauchen hat, darf ich ihn dann haben?“
Papa schüttelt den Kopf. „Darüber haben wir doch schon öfter gesprochen. Wir haben keine Zeit für einen Hund.“
„Mama, bitte, bitte …“, bettelt Elli.
Mama zuckt mit den Schultern. „Das will gut überlegt sein.“
„Darf ich ihn wenigstens mal besuchen und mit ihm Gassi gehen?“
„Ich habe ein Plakat gesehen“, erinnert sich Mama. „Am 4. Advent ist ein Tag der offenen Tür im Tierheim. Was haltet ihr davon, wenn wir zusammen dahin gehen?“
„Ja, das wäre toll. Bitte Papa, komm dann auch mit.“
Elli hüpft vor Begeisterung und Vorfreude in ihrem Zimmer auf und ab.

Die nächsten Tage vergehen für Elli wie im Schneckentempo. Sie muss immerzu an den Hund denken und ist traurig darüber, dass er im Tierheim in einem Zwinger allein sein muss.
Als ihre Mama von der Arbeit kommt, bittet sie sie, sich zu erkundigen, ob sich ein Besitzer gemeldet hat. Sie schnappt sich das Telefon und hält es ihrer Mama entgegen.
Nach ein paar Minuten erfährt sie, dass die Polizei das Frauchen ausfindig gemacht hat.
Elli stehen Tränen in den Augen. „Ich habe mich so sehr gefreut.“
„Ich weiß Schatz. Irgendwie hatte ich auch gehofft, dass … Na ja, lassen wir das. Es sollte nicht sein.“
Elli geht in ihr Zimmer und zerreißt den Umschlag, in dem sich der Wunschzettel befindet. In hohem Bogen wirft sie die Schnipsel in den Papierkorb. „Blödes Weihnachtsfest. Dann will ich gar nichts haben.“

Am nächsten Tag bittet Mama Elli, ihr bei der Dekoration zu helfen. „Ich kann gar nicht sehen, dass du mit so einer Trauermiene herumläufst. Vielleicht kommst du dann in Weihnachtsstimmung.“
„Von mir aus kann das Fest ausfallen“, antwortet Elli. Lustlos hängt sie den Strohschmuck an die Tannenzweige in der großen Bodenvase.
„Dann möchtest du morgen auch nicht mit ins Tierheim kommen?“, fragt Mama.
„Wozu denn?“, fragt Elli und schon wieder steigen ihr Tränen in die Augen.
„Wir können doch mal schauen, ob sich ein Hund findet, mit dem wir Gassi gehen können.“
„Von mir aus. Aber ein eigenes Hündchen, das wäre so schön.“

Am 4. Advent wacht Papa auf und schnüffelt hörbar die Luft ein. Er tastet nach Mama und ist erstaunt, dass sie noch schläft. „Schatz, wach auf, ich glaube es sind Einbrecher im Haus.“
„Was? Wie kommst du darauf?“
„Hör mal, es scheppert in der Küche, außerdem riecht es verbrannt.“
Nun ist auch Mama hellwach. „Um Gottes Willen. Bei uns gibt es doch nichts zu holen.“
Papa springt aus dem Bett und stürmt den Flur entlang. „Wer da?“, ruft er laut. „Die Polizei ist informiert, sie ist gleich da.“
Sehr erstaunt ist er, als er vorsichtig durch die Küchentür schaut und Elli am Tisch sitzen sieht.
„Hast du schlecht geträumt, Papa?“, fragt sie und kann sich das Lachen nicht mehr verkneifen.
„Elli, was machst du so früh hier? Damit kann ja keiner rechnen, dass du das Frühstück gemacht hast.“
„Ich wollte euch überraschen.“
Nun ist auch Mama in der Küche angekommen und freut sich sehr. „Die Überraschung ist dir gelungen.“
„Die Polizei könnt ihr wieder abbestellen“, sagt Elli. „Oder sollen sie mich verhaften, weil ich die Brötchen etwas hab anbrennen lassen?“
„Das macht nichts, ist mir auch schon passiert.“ Mama nimmt Elli in die Arme und gibt ihr einen Kuss auf die Stirn.
„Hätten wir einen Hund, dann würden sich Einbrecher nicht rein trauen“; sagt Elli. „Darüber solltet ihr mal nachdenken.“
Mama nickt. „Elli hat recht, dann wäre uns der Schreck in der Morgenstunde erspart geblieben. Los jetzt, wenn wir schon mal munter sind, dann sind wir vielleicht die ersten Besucher im Tierheim.“

Pünktlich 10 Uhr lässt Papa das Auto auf den Parkplatz rollen. Sie sind erstaunt, dass es kaum noch freie Plätze gibt.
Viele Menschen drängen sich bereits vor den Zwingern und am Katzenhaus bleibt gleich die Tür auf, weil Interessenten sich die Klinke in die Hand geben. Die meisten Hunde bellen laut, sind sie es ja nicht gewohnt, so viel Unruhe aushalten zu müssen.
„Dort drüben ist Frau Schneider. Bei ihr haben wir den Hund abgegeben. Komm, Elli, wir fragen sie mal, wie es ihm geht.“ Mama ruft laut nach der Leiterin des Tierheimes und winkt.
Nachdem Frau Schneider sie erkannt hat, lächelt sie und kommt auf sie zu. „Das ist toll, dass Sie hier sind. Dann kann ich ihnen gleich berichten, dass …“ Ein Telefon klingelt. „Moment, ich muss mal kurz … Schneider. Was? Ja ich komme. Bitte entschuldigen Sie, ich bin gleich wieder da, ein Notfall.“
Elli stampft mit dem Fuß auf. „Manno, was ist denn nun?“
„Komm, wir schauen uns einfach mal um. Wo ist Papa eigentlich?“
„Woher soll ich das wissen? Bei dem Gedränge macht es keinen Spaß. Außerdem tun mir die Hunde leid, wie sie begafft und begrabscht werden. Bitte Mama, ich möchte nach Hause.“
Papa kommt ihnen aufgeregt entgegen. „Schnell, kommt mal mit ins Hundehaus. Ich habe da einen Wachhund entdeckt, der ganz bestimmt Diebe in die Flucht schlägt.“
„Ich will keinen Hund mehr, ich will weg hier“, quängelt Elli.
Papa ist erstaunt. „Aber Elli …“
Mama zuckt mit den Schultern. „Lasst uns doch wenigstens mit Frau Schneider noch reden, damit wir wissen wie es dem von uns geretteten Hund geht.“
„Ich geh zum Auto und warte auf euch.“ Elli dreht sich um und läuft davon.

Nach einer halben Stunde kommen ihre Eltern endlich zu ihr.
Mama hat rote Wangen und erzählt aufregt: „Frau Schneider hat gesagt, dass das Frauchen unserer Hündin im Krankenhaus war und sie ihrer Gassigeherin ausgebüchst war. Und dann …“
„Ist mir egal“, erwidert Elli und wischt sich die Tränen aus dem Gesicht. „Ich will nach Hause.“

Am Heiligabend sitzt Elli an ihrem Schreibtisch und puzzelt ihren Wunschzettel zusammen. Als sie das Bild von dem kleinen Hund, den sie sich vom Weihnachtsmann gewünscht hat, sieht, streicht sie liebevoll darüber und seufzt.
Nachdem das Glöckchen ertönt geht sie ins Wohnzimmer. Unter dem Baum liegen große und kleine Päckchen.
Mama und Papa sagen gleichzeitig: „Ein schönes Weihnachtsfest, liebe Elli.“
„Mhhh …“, macht sie und lümmelt sich in Papas Lieblingssessel.
„Möchtest du das erste Geschenk öffnen?“, fragt Mama.
Elli steht auf und greift unter den Baum. Sie gibt ihren Eltern die Überraschungen, die sie für sie gebastelt hat. „Die sind für euch. Ich möchte nichts. Ich hatte nur einen Wunsch und der wird mir nicht erfüllt, denn aus keinem Päckchen ist etwas zu hören und es wackelt auch keins.“
„Ach Elli, warum bist du immer so stur?“ Mama und Papa lächeln geheimnisvoll.
Als es klingelt ist Elli erstaunt. „Oma und Opa wollten doch morgen erst kommen“, sagt sie und geht zur Tür. „Was wollen Sie denn hier?“, begrüßt sie Frau Schneider.
Mama bittet die Tierheimleiterin ins Wohnzimmer und begrüßt sie mit den Worten: „Das ist schön, dass Sie zum Heiligabend zu uns kommen. Elli, hättest du mir zugehört, wüsstest du schon seit dem 4. Advent, dass unser Hündchen im Tierheim bleiben musste, weil die Besitzerin sich nicht mehr kümmern kann.“
„Waaaasssss???“ Elli reißt ihre Augen auf. „Warum hast du das denn nicht … ach ja, na dann hättest du es eben deutlicher sagen müssen. Was wird denn nun? Darf ich es haben?“
„Deshalb bin ich hier“, sagt Frau Schneider. „Ich wollte dich fragen, ob du dich um die Kleine kümmern möchtest.“
„Klar, klar, klar … wo ist sie?“
„In meinem Auto wartet sie auf dich. Sie heißt Mina. Komm, hilf mir tragen und dann könnt ihr euch kennenlernen.“
Elli stürmt zur Tür.
Nach ein paar Minuten ist sie mit Frau Schneider zurück. Elli trägt einen Beutel mit Futter und zwei Näpfen und hält die Tür für den Transportkäfig auf.
Sie kann es kaum erwarten, dass Frau Schneider die Tür öffnet. Langsam und neugierig kommt ein süßer kleiner Wuschelhund auf Elli zugelaufen. Sie kann ihr Glück kaum fassen. Tränen laufen über ihre Wangen. Vorsichtig nimmt sie das Hündchen in die Arme und wird auch gleich abgeschleckt.
„Danke Mama und Papa, das ist das allerschönste Weihnachtsgeschenk. Sie kann mit in meinem Bett schlafen, bis wir ihr ein eigenes Körbchen gekauft haben und eine Leine brauch sie auch noch.“
Elli setzt die Kleine ab und alle lachen, als sie schnurstracks unter den Baum läuft und an dem Geschenkband eines großen Päckchen zieht und somit Elli beim Auspacken hilft. Zum Vorschein kommt eine Hundekuscheldecke und auch Leine, Halsband und Spielzeug sind dabei.
„Willkommen in unserer Familie, kleine Mina“, sagt Elli liebevoll.
Mama und Papa schauen sich an und freuen sich mit Elli, dass das Weihnachtsfest und die Stimmung nun gerettet sind.

   ©Heidi Dahlsen in Zusammenarbeit mit ihrer Enkelin Melissa (8 Jahre)



Kurzvita: Heidi Dahlsen ist verheiratet, hat zwei Kinder und eine Enkelin. Sie schreibt nicht einfach nur Bücher, sondern füllt diese mit Lebensgeschichten. Für sie ist das Schreiben eine Form des Verarbeitens ihrer Erlebnisse. Sie möchte aufwecken und wachrütteln, die Menschen sensibilisieren und mit Vorurteilen gegenüber psychischen Erkrankungen aufräumen. Sie wünscht sich, dass von diesen Krankheiten betroffene Menschen von der Gesellschaft toleriert, akzeptiert und vor allem in die Gesellschaft integriert werden. Bei allen in ihre Bücher gepackten Emotionen, Informationen und Abrechnungen gelingt es ihr noch, den Leser zu unterhalten.
Autoren-Website: www.autorin-heidi-dahlsen.jimdo.com