Foto Eva Joachimsen |
„Wir brauchen mehr
Licht“, schimpfte der kleine Wichtel.
Weihnachtsmann
furchte seine Stirn. Er schaute aus dem Fenster. Hier oben im Norden herrschte
Finsternis und die spärlichen Öllampen und Fackeln erleuchteten die alte
Werkstatt der Wichtel nur spärlich.
„Der
Schuster hat wenigstens seine Glaskugel und die Bäcker den Schein des Ofenfeuers,
wenn die Klappe offen steht, aber wir?“ Der kleine Tischlerwichtel schaute auf
seine Hände, die zahlreiche Schnittverletzungen aufwiesen.
„Ich
werde mir eine Lösung überlegen“, versprach der Weihnachtsmann.
Er
ging nach draußen und fragte den Hausmeisterwichtel: „Wieso beleuchten wir unsere Werkstätten wie
vor hunderten von Jahren mit Fackeln und Tranlampen? Warum läuft der Generator
nicht?“
„Weil
wir zu viel Benzin verbraucht haben. Den letzten Rest benötigen wir für die
Fahrzeuge, sonst können wir die Geschenke nicht ausliefern.“
„Wenn
die Wichtel nicht arbeiten können, haben wir nichts zum Ausliefern“, murmelte
der Weihnachtsmann. Da er aber schon auf dem Weg zur Backstube war, hörte der Hausmeister
nicht mehr, was er sagte.
In
der warmen Bäckerei nahm der Weihnachtsmann seine Mütze ab und raufte sich die
Haare. Wie sollte es weitergehen. Bei diesen Ölpreisen konnte er sich keinen
weiteren Treibstoff leisten.
„Sorgen?“,
murmelte der Bäckereichef.
Der
Weihnachtsmann nickte. Um ihn aufzuheitern, reichte ihm der Bäcker eine
Schüssel mit frischen Lebkuchen.
„Koste
mal. Dieses Jahr sind sie besonders köstlich. Wir haben eine neue Gewürzmischung.
Und durch den guten Sommer ist der Waldhonig besonders aromatisch.“
Gedankenverloren
griff der Weihnachtsmann nach einem kleinen Stück und biss hinein, da erhellte
sich sein Gesicht. Strahlend eilte er davon und der Bäcker schaute ihm
kopfschüttelnd hinterher.
„Imker,
wie viel Wachs haben wir noch?“, fragte der Weihnachtsmann.
„Eine
ganze Kiste voll. Die Bienen waren in diesem Jahr besonders fleißig. Die Bäcker
haben ihnen eine Extraportion Zuckerwasser vorbeigebracht, weil der Honig so
hervorragende Qualität hatte. Brauchen wir mehr Kerzen? Ich mache mich sofort
an die Arbeit.“ Der Wichtel kletterte auf eine Leiter und lud sich eine Kiste
auf den Rücken. Vorsichtig stieg er damit Sprosse für Sprosse hinab.
„Ja,
sofort und bring sie dann in die Tischlerei und Schneiderei. Die anderen
brauchen das Licht nicht ganz so dringend.“
„Kerzen?“
„Wir
haben keinen Strom, der Treibstoff ist alle.“ Der Weihnachtsmann klang noch
immer grimmig.
„Na,
da werden die alten arthritischen Rentiere viel zu tun haben“, murmelte der
Imker.
Weihnachtsmann
schaute ihn böse an. „Für die Fahrzeuge reicht es gerade noch. Gut, ein paar Fuhren
werden meine Tiere noch machen. Schon aus nostalgischen Gründen. Die Menschen
erwarten mich schließlich im Schlitten.“
Der
Imker grinste. „Und die Tiere finden nachts allein nach Hause.“
„Nach
dem vielen Stress darf ich auch mal eine Runde schlafen.“ Der Weihnachtsmann
musterte ihn strafend von oben bis unten. „Mach dich an die Arbeit.“
Der
Wichtel öffnete kommentarlos die Kiste und begann, die Wachsplatten um einen
Docht zu rollen. Als er die ersten zwanzig Kerzen fertig hatte, brachte er sie
zu den Werkstätten.
Zum
Dank, dass sie mit Hilfe der Kerzen alle Bestellungen rechtzeitig abarbeiten
konnten, tischlerten die Wichtel den fleißigen Bienen bald nach dem Fest neue
Bienenstöcke und die Schneiderinnen nähten dem Imker einen modischen Anzug.
©
Annette Paul
Annette Paul
schreibt und veröffentlicht seit vielen Jahren Kurzgeschichten und
Kindertexte, gern etwas zum Schmunzeln. Von ihr sind folgende
Weihnachtsbücher: "Der ganz normale Weihnachtswahnsinn", "Ratte Prinz im Weihnachtsbaum", "Weihnachtsmann im Weihnachtsstress" und "Weihnachtsmann hat noch mehr Stress".
Mehr von und über Annette Paul auf Probeschmökern bei Annette
Paul.
Siehe auch die Autorenseite von Amazon.