Dienstag, 22. Dezember 2020

Opa Karl, Anton und das Warten aufs Christkind von Ronald Vinskis

Bild von Krisi Sz.-Pöhls

„He du, Opa!“

„I bin ned der Hee!“, kam wie immer von Opa Karl.

„Jaaa okay, aber Opa, der Nikolaus war schon da gel“, sagte Anton.

„Ja, der ist vorbei. Der kommt auch erst nächstes Jahr wieder!“

Anton schaute etwas langsam, und meinte dann: „Und auf was soll ich mich dann freuen?“

„Ja, aufs Christkind!“, sagte Opa Karl bestimmt!

„Und wann kommt das?“

„Ein paar Tage musst schon noch warten!“

„Und wieviel paar Tage sind das dann?“, fragte Anton.

„Ach, nur noch siebenmal schlafen. Oder wenn alle Türchen am Adventskalender auf sind.“

„Dann mach ich die alle auf! Und dann kommt heut noch. Es Christkind.“

„Na, des geht ned“, sagt Opa Karl, und muss sich ein Lachen verkneifen.

„Wenn du jetzt alle Türchen auf machst am Adventskalender, dann sagt sich das Christkind, hm, der Anton hat keine Geduld, den lassen wir noch a bisserl warten! Den mach ich erst zum Schluss! Und dass kann dann auch erst am nächsten Tag sein“, sagte Opa Karl mit seiner ruhigen Stimme.

„Na gut dann lass ich das halt. Muss ich eben doch warten! Und was machen wir dann so lange?“

„Jetzt spazieren wir erst mal zum Bahnhof die Zeitung holen. Danach schauen wir ob es am Bahnhofsvorplatz einen schönen Christbaum gibt. Den legen wir dann in Opas Kammer. Da ist es schön kühl. Dann bleibt er frisch. Am Heiligen Abend bauen wir ihn auf und schmücken ihn schön. Und wir machen viele Kerzen dran. Dass ihn das Christkindl von weitem schon sehen kann.“

„Was ist heiliger Abend, Opa?“

„Das ist der Abend an dem das Christkindl kommt!“, sagte Opa Karl.

„Kommt das Christkind auch zu Tieren, Opa?“, wollte Anton wissen. „Auch wenn die keinen Christbaum haben?“

„Ja freilig, Anton!“

„Was kriegen die dann?“, fragte Anton

„Ein ganz besonders gutes Futter“, sagte Opa Karl.

„Und gar nix zum Spielen?“, wollte Anton wissen.

„Manche bekommen auch was zum Spielen.“

„Gehen wir dann den Christbaum kaufen, Opa?“

„Ja gleich, Anton.“

Oma Bepi schürze den Ofen in der Küche an. Sie wollte Plätzchen backen. Die ganzen Zutaten standen schon auf dem Tisch. Da war eine große Tüte mit Mehl und eine mit Zucker. Auch Eier und natürlich Butter. Auch eine große Schüssel stand schon bereit.

Anton wusste nicht, was er wollte.

Christbaum kaufen, oder Plätzchen backen mit Oma?

„Was mach ich jetzt“, sagte Anton vor sich hin.

Oma Bepi gab ihm aber gleich die Antwort.

„Geh ruhig erst mit Opa. Ich mach solange den Teig. Der muss dann etwas ruhen. Bis ihr wieder kommt, können wir dann weiter machen. Auch der Herd muss noch richtig heiß werden. Wenn ihr dann wieder da seid, kannst dann Plätzchen ausstechen. Oder vorher noch a schöne Brotzeit machen.“

„Au jaaa“,, freute sich Anton und hüpfte durch die Küche.

Opa Karl zog schon seine Schuhe an und eine Winterjacke. „Ja bist noch nicht fertig, Bua?“

„Ich komm doch nicht an den Haken! Meine Jacke hängt viel zu weit oben, Opa!“

Opa gab ihm die Jacke und dann ging‘s los. Es war nicht weit zum Bahnhof. Dort auf dem Vorplatz wurden die Christbäume verkauft, von klein bis groß und noch größer, Opa suchte sich durch die vielen Bäume, nahm den einen und anderen in die Hand und drehte sie im Kreis vor sich und sah sie sich von allen Seiten an.

Warum nur?, dachte Anton. Dann kam ein Mann und fragte Opa: „Was hätten Sie denn gern?“

Anton dachte sich, „kann der blöd fragen, einen Christbaum natürlich!“

Anton hatte das laut vor sich hingesagt und bekam auch prompt eine Antwort von dem Verkäufer. „Das hab ich mir fast gedacht, Lausbub!“ und lachte dabei. Frühholz Opa wurde ganz rot im Gesicht,,musste aber auch lachen. Dann sagte er dem Mann: „Wir wollen eine Weißtanne, sie sollte so 1,80 m bis 2 m groß sein.“

Der Verkäufer verschwand zwischen den Weihnachtsbäumen und kam dann mit einem riesigen Baum wieder, Frühholz Opa sah sich den Baum genau an, schüttelte ihn und sagte zu dem Verkäufer „Den will ich nicht, der nadelt ja jetzt schon!!“

Der Verkäufer schaute ein wenig grimmig und nahm den Baum wieder mit und kam mit einem richtig schönen Christbaum wieder.

Opa sah sich auch diesen ganz genau an und nach seinem Schütteltest fragte er: „Und was soll der kosten?“

„12 Mark“, sagte der Verkäufer, immer noch leicht sauer. Opa bezahlte und band den Baum mit einer Schnur zusammen.

Frühholz Opa und Anton schleppen den riesigen Weihnachtsbaum nach Hause Na ja Anton hielt sich mehr daran fest, Opa trug ihn eigentlich alleine.

Oma hatte den Plätzchenteig fertig und auch schon eine richtig leckere Brotzeit für ihre zwei Schwerarbeiter hergerichtet.

Für Opa gab es einen Presssack und für Anton ein großes Stück Gelbwurst. Oma freute sich wie es den Beiden schmeckte. Sie selber trank Kaffee und aß ein Butterhörnchen.

Nach ihrem gemeinsamen zweiten Frühstück räumte sie den Tisch ab und sagte zu Anton: „Jetzt geht's dann rann an die Plätzchen!!“

Oma Bepi ging in die Kammer, in der es schön kühl war und kam mit dem Teig für die Plätzchen wieder. So etwas wie einen Kühlschrank hatten sie zu der Zeit noch nicht, da wurde auch noch in einem Kohleherd gekocht und gebacken. Oma machte Mehl auf den Tisch und auf ihr Wellholz wo man in Bayern Nudelwargel dazu sagt und fing an ein Stück Teig auszuwellen. Anton sah gespannt zu und fragte schließlich: „Warum hast du Mehl auf den Tisch gemacht?!“

„Ja damit der Teig nicht kleben bleibt!“

Viel wissend kam von Anton, „ach so. Klar doch.“

„Wann darf ich jetzt ausstehen“, fragte Anton ungeduldig??

„Bin gleich soweit.“ Und dann ging es auch schon los!

Die ersten gelangen Anton nicht so recht, doch mit der Zeit wurden sie immer besser. Ja, fast schon wie bei einem kleinen Profi.

Die Plätzchen kamen auf ein Backblech und dann in den Ofen und es waren viele Bleche, die da gebacken werden mussten. Anton war richtig stolz darauf, was er mit Oma geschafft hatte. Er verlor auch nie die Lust daran!

Die Tage vergingen und Weihnachten kam immer näher.

„He du, Opa!“

„I bin ned der "He"“, kam von Opa Karl wieder mal.

„Ja, aber wie lang dauert das noch, bis das Christkind endlich kommt?“, wollte Anton wissen?

„Da musst jetzt auf deinen Adventskalender schauen, wie viele Türchen musst du noch aufmachen?“, fragte Opa Karl mit seiner tiefen ruhigen Stimme.

„Zwei und ein ganz großes“, rief Anton von seinem Adventskalender her, der neben dem Küchenschrank hing.

„Also Anton, dann heißt das noch dreimal schlafen dann kommt das Christkind!!“

Anton tanzte wie ein kleiner Kobold durch die Küche und sang dabei: „Noch dreimal schlafen dann kommt das Christkind!“

Anton wollte gerade etwas sagen, da läutete es an der Tür, Opa Karl öffnete und da stand ein Mann mit einem großen Paket. Opa nahm es ab, bezahlte und bedankte sich.

„Da sind die Nürnberger Lebkuchen drin“, sagte Opa und öffnete das Paket. Die allerschönsten Lebkuchen kamen da zum Vorschein und auch ein Lebkuchen Hexenhaus war da dabei. Anton staunte nicht schlecht als er das sah.

„Bringt die nicht das Christkind?“, wollte Anton wissen?

„Nein, die müssen wir selbst kaufen, das wäre für das Christkind zu viel Arbeit, Anton.“

„Ach so,“ sagte Anton verständnisvoll, dann ging er zu seinem Bett, wo sein großer Teddybär saß und erzählte ihm alles, der hörte interessiert zu und brummte ab und an. So schlief Anton dann ein. Oma Bepi deckte ihn noch zu und löschte das Licht.

Am nächsten Tag, als Anton aufstand, hatte Opa Karl schon den Weihnachtsbaum aufgestellt, denn schmücken wollten sie ihn ja gemeinsam. Aber erst wurde mal gefrühstückt, Anton bekam wie immer seine Milch und ein Honigbrot. Vor lauter Freude, das er mit Opa Karl den Baum schmücken durfte, vergaß er fast das Essen. Opa hatte eben den Karton mit den Christbaumkugeln hereingebracht und Anton war total aus dem Häuschen, als er da hinein sah.

„Ja, Bua iss dein Brot fertig, sonst kannst dem Opa nicht helfen“, sagte Oma Bepi und grinste vor sich hin. Anton stopfte das Honigbrot in sich hinein und ruck zuck war er fertig, noch die Milch hinterher, dann war er bereit für die Taten.

Opa Karl hatte schon die elektrische Beleuchtung am Baum angebracht. Zu der Zeit waren vorwiegend noch normale Kerzen an den Weihnachtsbäumen, ja die Elektrischen waren schon etwas Besonderes und dann noch in allen Farben, rot, gelb, blau, violett, orange und grün und natürlich wurden sie dann ausprobiert. Oma Bepi stand da und betrachtete den Baum mit großen Augen und meinte: „Mei is der schee.“

Anton und Opa hingen die Kugeln an den Baum, auch die hatten alle Farben, so wie die bunten Kerzen, nur glänzten die metallisch und es waren auch goldene und silberne dabei.

Na ja, sagen wir mal Opa Karl hing die Kugeln auf und Anton unterhielt ihn dabei, und dann da die Frage die ja kommen müsste am heutigen Tag!

„He du, Opa!“ Anton bekam natürlich gleich wieder die Antwort, „Ich bin ned der He!“

„Ja, aber Opa, heute früh hab ich das letzte Türchen am Adventskalender aufgemacht, wann kommt den jetzt das Christkind???“

„Heute Abend“, sagte Oma, „wenn es draußen dunkel ist und wenn wir Abendbrot gegessen haben. Du musst aber alles aufessen, sonst kann es sein dass sich das Christkind nochmal überlegt, ob es zu dir kommt oder nicht.“

„Oh, da muss ich aber brav sein“

„Ja, das glaub ich auch“, sagte Opa Karl von seiner Trittleiter herunter und lachte dabei.

Der Christbaum war geschmückt. „Das ist der schönste Baum, den wir jemals hatten“, sagte Opa Karl und sah ihn sich mit voller Ehrfurcht an und Anton und Oma stimmten ihm zu. Doch die Zeit wollte einfach nicht vergehen, es wollte nicht Abend werden. In Radio wurden wunderschöne Weihnachtsgeschichten erzählt und Weihnachtslieder gespielt und gesungen. Doch Anton war so nervös, dass er davon nichts mitbekam oder fast nichts.

Draußen wurde es langsam dunkel und Anton sagte: „Opa, jetzt musst du dann die Lichter am Weihnachtsbaum anmachen, sonst sieht das Christkind gar nicht, wo wir wohnen.“

„Ja Anton, da hast du recht“, und er machte den Christbaum sofort an.

„Freust du dich auch auf Christkind, Opa, und bringt es dir auch was?“

Da kam schon Oma Bepi zur Tür herein und brachte eines von Antons Lieblingsessen mit eine Tellersulz. Die konnte man damals in jeder Gaststätte kaufen, den Teller musste man natürlich zurückbringen.

„Oma, ich hab ein Problem!“

„Ja, was denn?“, fragte Oma Bepi.

„Hm, jetzt weiß ich nicht, wie das geht? Ich freu mich aufs Christkind und soll auch noch meine Sulz essen.“

„Anton, ich hab's“, sagte Opa Karl. „Jetzt machst einfach alles zwei gleichzeitig.“

Anton schaute etwas langsam, dann mampfte er los. Der Sulz konnte Anton nicht wiedersehen.

Auf einmal klingelte ein kleines Glöckchen, am Christbaum blitzen kleine Sterne und erloschen sofort wieder

„Anton, jetzt musst in Opas Kammer gehen und dort warten bis das Glöcklein wieder läutet hörst, dann war das Christkind da.“

So schnell war Anton noch nie verschwunden und das ohne Wiederrede.

Die Minuten vergingen, Anton kamen sie aber wie Stunden vor. Doch dann hörte Anton ein leises Bim Bin, dann wieder etwas lauter Bim Bin Bin, die Tür ging auf, ein Zischen war zu hören, viele Wunderkerze, die hießen damals Sternwerfer, waren ab. Anton stand andächtig vor dem Christbaum und traute sich nicht sich zu bewegen. Er sah sich das Spektakel an und war einfach glücklich. Der Anblick ließ Anton all die schönen Sachen einfach vergessen. Erst als die Wunderkerze abgebrannt waren, nahm Anton war, was unter dem Baum alles lag. Da waren Malbücher und Farben, dann noch ein Hütchenspiel und ein Mensch ärgere dich nicht Spiel, ein Buch lag dabei und ein Feuerwehrauto und um den Tischfuß eine Eisenbahn zum Aufziehen.

Opa hat den Sperrriegel aufgemacht und der Zug samt einem Kohlewagen und 3 Wagons fuhr los!!!

Lange spielte Anton noch mit den schönen Dingen und niemand schickte ihn ins Bett, er spielte so lange bis er zwischen Feuerwehrauto und Eisenbahn einschlief.

Das war Antons schönstes Weihnachtsfest.

ER WAR DAMALS FÜNF JAHRE ALT, HEUTE IST ER 70

©Ronald Vinskis

 
Krisi Sz.-Pöhls
lebt recht zurückgezogen in Oppenheim am Rhein.  Malen gehört seit ihrer Kindheit zu ihren Hobbys. Mittels Fortbildungen ist die Autodidaktin Künstlerin geworden.
Sie hat die Illustrationen zu „Der Bär mit der Brille“, „Klein Henning und der Delfin“, „Rattenprinzessin Rapunzel“, „Ratte Prinz im Weihnachtsbaum“ und „Hopser will helfen“ gemalt.
Mehr von ihr auf ihrer Homepage https://salidaswelt.jimdofree.com/
oder bei www.zazzle.de/mbr/238764950947258943