Freitag, 23. Dezember 2016

Die wundervollste Weihnacht von RONALD VINSKIS

Bild von Krisi Sz.-Pöhls


Am Rande des Weihnachtsmarkts saß ein kleines Mädchen und weinte bitterlich. Ihr roter Schal, den sie eng um den zarten Hals gelegt hatte, war schon ganz nass von den Tränen, die dem Kind über die Wangen liefen. Die Menschen hasteten vorbei ohne im geringsten das traurige Bündel wahrzunehmen. Sie waren alle mit ihren Weihnachtseinkäufen beschäftigt, denn an den Weihnachtstagen musste der Kühlschrank voll sein und auch nicht ein Geschenk durfte vergessen werden.
Selbst der Weihnachtsmann, der auf dem Weihnachtsmarkt die Kinder beschenkte, sah nicht einmal zu dem kleinen Mädchen herüber.
Mitten unter all diesen vielen Menschen war Johanna alleiner als alleine.
Der Duft von Bratwurst, Lebkuchen und gebrannten Mandeln lag in der Luft. Weihnachtliche Musik war zu hören, doch das alles machte sie nur noch trauriger.
Und die Menschen sie rannten weiter an Johanna vorbei...!
Bis auf Einen. Ein älterer Herr, mit einem mächtigen weißen Bart, roter Nase und kaputten Stiefeln an den Füssen. Auch seine Kleidung war nicht gerade gepflegt, blieb stehen. Der ältere Herr bückte sich zu dem kleinen Mädchen hinunter und sagte mit tiefer Stimme: „Hallo ich bin Klaus, wer bist den du?“
So abgerissen und ungepflegt der Mann auch aussah, so ein Leuchten war in seinem Gesicht. Er hatte auch das allerschönste Lächeln, das Johanna je gesehen hatte an einem Menschen. Die Traurigkeit und all der Schmerz, den die kleine Seele plagte, waren sofort verschwunden. „Ich bin Johanna!“, sagte das Mädchen höflich. Wir wohnen da drüben über dem Gemüseladen. Aber zur Zeit nur meine Mama und ich.
„Bist du deshalb so traurig?“, fragte Klaus.
„Ja.“
„Willst du mir erzählen, was passiert ist?“
„Mein Papa war mit dem LKW in Schweden. Ich weiß noch nicht, wo das ist. Als er zurückfuhr, fuhr er an eine Raststätte, um Pause zu machen, so hat mir das Mama erzählt. Papa parkte hinter einem anderen LKW und als er ausstieg, krachte ein anderer Fahrer auf Papas LKW drauf. Ja dabei wurde mein Papa vom Trittbrett geschleudert und schwer verletzt. Jetzt liegt er im Krankenhaus. Bis das Christkind kommt, sind es nur noch ein paar Tage. Und Papa ist noch immer nicht da. Und das Krankenhaus ist so weit weg, hat Mama gesagt. 300km. Ich bete jeden Tag ganz oft, dass der liebe Gott Papa wieder gesund macht und ihn zu Weihnachten wieder zu uns schickt.“
„Ich will gar keine Geschenke, nur Papa soll wieder kommen!“
Und wieder hatte Johanna Tränen in den Augen.
Klaus hatte sich die Geschichte des Mädchens angehört, ohne sie auch nur ein einziges mal zu unterbrechen. Ja das ist ein Grund traurig zu sein. Doch dein Papa wird wieder gesund. Johanna hab keine Angst. Und er wird auch nicht so weit weg in der Klinik bleiben. Gott hat deine Gebete gehört. Nun geh nach Hause und bereite dein schönstes Weihnachtsfest vor! Hilf deiner Mama dabei und tröste sie ein wenig! Das braucht sie jetzt. Tschüss Johanna.“
Der Herr mit dem weißen Bart war plötzlich weg.
Johanna ging nach Hause, so wie Klaus es ihr gesagt hatte. Sie erzählte ihrer Mama von ihrer Begegnung.
Die Mutter war skeptisch, doch der Wunsch und die Hoffnung waren größer als die Zweifel und so begannen die Beiden mit den Weihnachtsvorbereitungen.
Am Weihnachtstag kam Opa und brachte den schönsten, nein, den allerschönsten Weihnachtsbaum. Johanna und Mama machten sich sofort daran den Baum zu schmücken. Auch Opa half noch mit und wünschte dann den Beiden eine wundervolle Weihnacht.
Es ist der 24. Dezember 16:30 Uhr, als es bei Johanna und Angela an der Wohnungstüre klingelte. Das Mädchen und ihre Mutter öffneten gemeinsam die Türe und vor der Türe steht der Weihnachtsmann und hinter Ihm zwei Sanitäter. Was zwischen den zwei  stand, konnten Angela und Johanna nicht sehen.
„Das ist der alte Herr, von dem ich dir erzählt habe, Mami! Das ist Klaus.“
Der Weihnachtsmann lächelte und ging einen Schritt zur Seite und da saß Papa in einem Rollstuhl. Angelas Gesicht blieb wie angewurzelt stehen und Johanna strahlte wie Sonne, Mond und Sterne auf einmal. Die Freude der beiden war so groß, dass sie  fast den Weihnachtsmann vergessen hätten.
Johanna drehte sich und fiel dem Weihnachtsmann um den Hals und drückte ihm einen dicken Kuss auf die Wange. Leise sagte sie ihm ins Ohr: „Du bist Klaus, stimmt‘s?“ Auch Angela drückte ihn ganz fest und meinte: „Das ist das schönste Geschenk meines Lebens.“
 „Nach den Feiertagen holen wir ihn wieder ab, in eine Klinik hier in der Stadt“, sagte einer der Sanitäter. Der Weihnachtsmann hatte auch sonst noch ein paar Geschenke dabei, die er mitten im Wohnzimmer einfach auskippte. Die Familie feierte die schönste Weihnacht ihres Lebens. Eine Weihnacht, die sie nie wieder vergessen werden. Reiner war nach weiteren 6 Wochen wieder gesund, oder sagen wir mal wieder hergestellt.
Doch LKW fahren wollte er nie wieder.

© RONALD VINSKIS



Krisi Sz.-Pöhls lebt recht zurückgezogen in Oppenheim am Rhein.

Malen gehört seit ihrer Kindheit zu ihren Hobbys. Mittels Fortbildungen ist die Autodidaktin Künstlerin geworden.


Mehr von ihr auf ihrer Homepage www.salidaswelt.com
oder bei  www.zazzle.de/mbr/238764950947258943