Mittwoch, 20. Dezember 2017

Das kleine Einhorn rettet Weihnachten von Angelika Musold


Bild von Angelika Musold


Es war in der Nacht vor Heiligabend im Tal der Einhörner. Der Schnee glitzerte im Mondschein und die Nordlichter leuchteten am Abendhimmel. Kein Einhorn regte sich, denn alle schliefen tief und fest. Die Einhörner schliefen heute schon früher ein, da sie den Tag über eine Menge Weihnachtsvorbereitungen getroffen hatten. Nur Elif nicht! Sie war noch wach und wollte einen Rest an Sternenstaub auf eine der glitzernden Kristallkugeln streuen, die den großen alten Tannenbaum immer so schön zum Leuchten brachten.

Da entdeckte Elif  am Himmel plötzlich eine Sternschnuppe. Sie bewegte sich rasend schnell und leuchtete glühend rot am dunklen Himmel. Mit einem lauten Zisch flog sie knapp an dem Tannenbaum vorbei und verschwand mit einem riesigen Knall zwischen den Bäumen. Plötzlich war alles still. Die Kristallkugeln hörten auf zu leuchten und es war gerade so, als ob der Sternenstaub plötzlich nicht mehr wirkte. „Nein, das darf doch nicht wahr sein“, seufzte Elif. „Wie sollen wir denn jetzt Weihnachten ohne leuchtenden Weihnachtsbaum feiern? Die ganze Arbeit ist umsonst“.  Das kleine Einhorn nahm ihren ganzen Mut zusammen und machte sich auf den Weg in den dunklen Wald. Sie wollte herausfinden, was da gerade passiert war.
Als sie eine Weile durch den Schnee gestapft war, entdeckte sie zwei rote Hosenbeine, die aus einem Schneehaufen blitzten und wild hin und her wackelten. Irgendjemand schien in Not geraten zu sein. Elif fischte nach den roten Hosenbeinen, zog daran und mit einem lauten Flopp kam ein kleiner, dicker Mann mit weißem Rauschebart zum Vorschein. „Der Weihnachtsmann!“, rief Elif ganz erstaunt.
„Du liebes Bisschen! Ich sollte doch eigentlich unsichtbar sein! So ein harter Honigkuchen. Das darf doch einfach nicht wahr sein!“, rief der Weihnachtsmann verärgert und klopfte sich hastig den Schnee von seiner Jacke. „Was ist denn passiert?“, wollte Elif wissen. „Du siehst ja dieses Schlamassel! Meine Rentiere haben mich einfach im Stich gelassen! Urlaub wollen sie machen! Zu schwer sei der Schlitten! Und das genau einen Tag vor Heilig Abend. Aus dem Staub haben sie sich gemacht – einer nach dem anderen! Sie haben gesagt, ich könne ja alleine fliegen und ich solle mich nicht so anstellen, schließlich hätte ich ja einen Weihnachtszauber! Ph… als ob ich einen Sportflitzer hätte, der alleine fahren kann.“
Der Weihnachtsmann sank verzweifelt in den Schnee und wurde plötzlich ganz still. Nach einer Weile meinte er:„Jetzt geh´ ich auch in den Urlaub! Ich habe genug! Basta! Weihnachten fällt dieses Jahr aus!“„Weihnachten fällt aus?“, wiederholte sie mit großen Augen. „Nie im Leben! Weihnachten darf nicht ausfallen!“ Da hatte das kluge Einhorn eine zündende Idee.
Sie nahm den Schlitten und zog ihn ein wenig aus dem Schneehaufen. Dann sortierte sie alle Geschenke wieder und stapelte sie ordentlich aufeinander. Sie reparierte die verbogenen Kufen, klopfte und schraubte hier und da und machte den Schlitten wieder fahrbereit. Dann nahm sie den kleinen, schweren Weihnachtsmann, setzte ihn sanft auf den Schlitten und zog ihn mit all seinen Geschenken zum Einhorndorf. Das war gar nicht so einfach, denn der Weihnachtsmann und der vollbepackte Schlitten waren ganz schön schwer.

Als sie an der großen, alten Tanne angekommen waren, war diese immer noch dunkel. Die anderen Einhörner schienen noch immer tief und fest zu schlafen. Elif flüsterte dem Weihnachtsmann etwas ins Ohr. Daraufhin nahm dieser sein Glöckchen aus der Tasche und läutete es. Einmal – zwei Mal – drei Mal.
Durch den Klang des Glöckchens hüllte sich der Baum in eine wunderschöne Glitzerwolke ein. Sternchen flogen in alle Richtungen und plötzlich begann der Weihnachtsbaum wieder zu leuchten.  Der Sternenstaub in den Kristallkugeln strahlte nun heller und schöner als je zuvor. Alle Einhörner wachten auf und trauten ihren Augen kaum! „Der Weihnachtsmann!“, riefen sie voller Begeisterung und stürmten auf den kleinen, bärtigen Mann zu, umarmten ihn und ließen ihn nicht mehr los. Der Weihnachtsmann spürte ihre liebevolle Begeisterung und Freude und jetzt spürte auch er wieder den Zauber von Weihnachten. Er wärmte sich noch ein wenig bei den Einhörnern auf, trank heißen Punsch und aß zuckersüße Lebkuchenherzen. Doch… Moment mal, fehlt da nicht noch etwas? Na klar, was war mit den Kindern und Tieren rund um den ganzen Globus? Musste der Weihnachtsmann nicht noch ein paar Geschenke verteilen und durch ein paar Schornsteine kriechen?
„Wie kann ich jetzt nur die ganzen Geschenke ausliefern? So ganz ohne Rentiere!“, seufzte der Weihnachtsmann abermals. Da stellten sich plötzlich sechs Einhörner auf und spannten sich vor den Schlitten. Elif lenkte das Gespann ganz vorne.
„Meinst du, das könnte funktionieren?“, fragte Elif  den Weihnachtsmann. „ Das wollen wir doch mal ausprobieren!“, jubelte er, nahm die Zügel in die Hand und rief „Los, auf geht´s. Wir haben noch eine Menge zu tun!“ Dann hob das ungewöhnliche Gespann ab, das ganz mit Sternenstaub umhüllt war. Sie flogen hoch hinaus vorbei an den bunten Nordlichtern und brachten allen Kindern ihre Geschenke.
Geschafft aber überglücklich kehrten sie zurück in das Einhorntal. Sanft landete der Schlitten wieder vor der glitzernden Weihnachtstanne. „Und diese Geschenke sind für euch!“, meinte der Weihnachtsmann und verteilte kleine, funkelnde Päckchen an die Einhörner.  „Ich danke dir, liebe kleine Elif! Du hast Weihnachten gerettet und bist das mutigste und klügste Einhorn, das ich je gesehen habe.“ Gemeinsam saßen sie noch beieinander und feierten den Weihnachtsabend, tanzten um die alte Tanne und erzählten sich Geschichten bis tief in die Nacht hinein.
Am nächsten Morgen dann, als der Morgenstern noch am Himmel stand, brachten die Einhörner den Weihnachtsmann wieder nach Hause zum Nordpol. Und drei Mal dürft ihr raten, wer dort schon an der Hütte stand und ein schlechtes Gewissen hatte. Es waren die Rentiere, die sich einer nach dem anderen entschuldigten. „Kommt mit, wir machen jetzt erst mal gemeinsam Urlaub!“, meinte der Weihnachtsmann. „Aber nächstes Jahr – nächstes Jahr verlasse ich mich auf euch!“ „Versprochen“, meinten die Rentiere kleinlaut.