Freitag, 18. Dezember 2020

Der Flüchtlingsjunge von Klaus Kurt Löffler


Er hatte so was nie gesehen.

Jedoch auf einmal war’s geschehen.

Die Luft war weiß und voller Schnee

und es ward kalt der nackte Zeh.

 

Der Syrer-Knabe war hier fremd,

er trug ein langes Leinenhemd.

Er musst´ die Heimat rasch verlassen.

als er die Feinde lernte hassen.

 

Alle tot. Der Bombe Kraft

hatte sie hinweggeschafft.

Und elternlos irrt er umher.

Das fiel ihm nun besonders schwer.

 

Das ferne Deutschland war sein Ziel,

er wagte viel, gewann das Spiel.

Was hatte er schon zu verlieren?

Was konnte ihm noch viel passieren?

 

 

Es gelang ein kluger Kniff:

Er verbarg sich auf ´nem Schiff.

Und blieb zum Glück dort unentdeckt.

Niemand hat ihn aufgeschreckt.

 

Viele Tage unter Deck.

Es häuft´ sich um ihn bald der Dreck.

Er stahl sich die Essensreste,

und feierte so frohe Feste.

 

Als das Schiff lief ein im Hafen,

hätte er es fast verschlafen.

Heimlich schlich er sich ans Land.

Alah akbar! Gott sei dank!

 

Doch er war fremd an diesem Ort.

Es gab für ihn kein` sichren Hort.

Wohin konnte er sich wenden?

Würde hier das Leben enden?

 

So irrt er planlos durch die Straßen,

die schienen feindlich übermaßen.

Wenn er drehte hier die Runde,

jagte auf ihn man die Hunde.

 

Doch die hatten halt Erbarmen,

nahmen auf ihn dann den Armen.

In dem warmen Hundehaus

schlief er sich gar richtig aus.

 

Und nagte an dem fleischgen Knochen,

an dem er früher nie gerochen.

Er war genügsam und zufrieden

mit dem Geschick, das ihm beschieden.

 

Wie er den Neuschnee nun bestaunt,

er war verwirrt, doch gut gelaunt,

sah er zwei Burschen vor sich stehen,

die nicht sehr gut war´n anzusehen.

 

So trugen Stiefel und viel Riemen,

die der Drohung sollten dienen.

Und hatten Mützen auf dem Kopf,

der glattgeschoren wie ein Knopf.

 

»Wieder so ein Flüchtlingskind!«,

sprach der eine ganz geschwind.

»Tun wir eine gute Tat

und geben ihm im Eis ein Bad!«

 

Sie packten ihn. Er wehrte sich.

Doch sie war´n stärker körperlich.

Da griffen zu zwei starke Hände,

und der Angriff nahm ein Ende.

 

»Den beiden haben wir´s gegeben!

Jetzt rennen sie wie um ihr Leben!

Doch was soll das Leinenkleid

mitten in der Winterzeit?"

 

Der Kaptain war’s, dem Bub bekannt.

Er wäre gerne fortgerannt.

Doch der hielt fest, der Grobian,

und hört´ sich die Geschichte an.

 

»Die Not wird jetzt ein Ende haben!",

so sprach gerührt er zu dem Knaben.

»Von nun an bist bei mir daheim,

das sollte wohl dein Schicksal sein!

 

Es ist des Herrgotts fester Wille,

dass Weihnacht jede Not steht stille.

Und auf der Welt herrscht ewiger Frieden

bei allen, den´ das Glück beschieden."

 

Er nahm den Knaben mit aufs Boot.

So endete des Flüchtlings Not.

Und als die Kerzen taten brennen,

konnt´ der die Freude so sich nennen:

 

"Gepriesen sei die Weihnachtsnacht,

die auf der Welt den Frieden schafft.

Und alle Menschen, groß und klein,

können fortan Freunde sein!«

© Klaus Kurt Löffler

 

KURZVITA

Klaus Kurt Löffler, Vorsitzender Richter am Landgericht i.R., betätigt sich seit seiner Pensionierung als Jugendbuchautor. Mit seinen Haupthelden Max und Micha hat er die perfekten Akteure für spannende Kriminalfälle gefunden und sie in der herrlichen Gebirgslandschaft des Wolfgangsees angesiedelt. Micha ist der Sohn eines Biobauern in St. Wolfgang und mit einem klugen Köpfchen gesegnet. Er löst seine Fälle lieber mit dem Verstand als mit den Fäusten. Max, der mit seinen Eltern die Ferien regelmäßig im Ort verbringt, ist das ganze Gegenteil. Als Großstädter und Leistungssportler bevorzugt er Umtrieb und Aktion. So ergänzen sich beide perfekt.

Bei den Detektivgeschichten steht nicht das Verbrechen im Vordergrund, sondern das hinter ihm stehende Rätsel. Vorbild dafür war vor allem Conan Doyle mit seinem Detektivgespann Sherlock Holmes und Watson, das sich in Max und Micha wiederfindet. Von ihm stammt auch die Vorliebe für ausgefallene Schauplätze, übersinnliche Phänomene und scheinbare Unmöglichkeiten, für die es dann doch eine reale Erklärung gibt. Inzwischen sind 20 Fälle erschienen, die weiterhin kontinuierlich ergänzt werden.

 

http://amzn.to/TrmQ1j  Autorenseite Amazon

http://www.maxundmicha.eu/ Shop des Autors