Der altmodische Dorfweihnachtsmann
„Kaum zu glauben, wie schnell
ein Jahr vergeht!“, murmelte der Weltweihnachtsmann und strich sich über seinen
weißen Bart, den er von Berufs wegen tragen musste. Dann schickte eine SMS an
die leitenden Weihnachtsmänner aller Länder, um ihnen mitzuteilen, was sie
ohnehin schon wussten: „Es ist wieder so weit.“
Kurz danach erhielten die
Dorf-, Stadt- und Großstadtweihnachtsmänner per E-Mail ihre Einsatzpläne. Sie
nahmen Kontakt zu Eltern auf, ließen sich Wunschzettel mailen oder zufaxen,
bestellten Geschenke über das Internet und ließen sie direkt an die richtigen
Empfängeradressen ausliefern.
In Winkelshausen gab es jedoch
einen Dorfweihnachtsmann, der immer den Kopf schüttelte über seine Kollegen, die
ohne Handy, Computer, Internet und Faxgerät nicht mehr auskommen konnten. Zwar
war auch sein Büro mit einem Computer ausgestattet, doch benutzte er ihn nie.
„Ich brauche dieses neumodische Zeug nicht“, behauptete er. „Seit Jahrzehnten
verteile ich meine Geschenke ohne Computer, und das werde ich auch weiterhin
tun, bis ich in den Ruhestand trete.“
Dem altmodischen
Dorfweihnachtsmann machte seine Arbeit große Freude. Zuerst sammelte er
persönlich die Wunschzettel der Kinder ein. Nachdem er alle Wünsche gewissenhaft
notiert und alphabetisch in Karteikästen eingeordnet hatte, schrieb er auf
seiner alten Schreibmaschine lange Bestelllisten. Die schickte er an
verschiedene kleine Werkstätten. Nach und nach wurde alles geliefert und der
Dorfweihnachtsmann verpackte die Geschenke eigenhändig in Weihnachtspapier und
steckte die Päckchen nach Straßen sortiert in Säcke.
Winkelshausen war nur ein
winzigkleiner Ort. Dennoch hatte der Dorfweihnachtsmann eine ganze Menge Arbeit.
Am Tag vor Heiligabend war er immer noch damit beschäftigt, Geschenke
einzuwickeln, Listen zu vervollständigen, Namen abzuhaken, Säcke zu füllen und
auf seinen Schlitten zu laden. Erst kurz vor Mitternacht wurde er fertig.
Eilig machte er sich auf den
Weg. Fast geräuschlos glitt sein Schlitten durch die verschneiten Straßen.
Nirgendwo brannte mehr Licht. Der Weihnachtsmann schlich sich in die Häuser auf
der Fuchsgasse und im Hasenwinkel und legte Geschenke unter Tannenbäume und auf
Gabentische. Als Nächstes klapperte er den Reh- und den Hirschweg ab. Als er am
Ende des Feldkothen ankam, tat ihm der Rücken ganz schön weh. Aber auf seiner
Liste standen noch die Wiesen- und die Waldstraße sowie der Marktplatz.
Seufzend griff er nach dem
nächsten Sack – und bekam einen fürchterlichen Schreck. Zu drei Straßen musste
er noch hin, doch auf seinem Schlitten lagen nur zwei Säcke! Da stimmte was
nicht!
Trotz der Kälte standen dem
alten Dorfweihnachtsmann sofort Schweißperlen auf der Stirn. Mit zitternden
Händen öffnete er einen der beiden Säcke und fand darin die Geschenke für die
Fuchsgasse und den Hasenwinkel. Dort war er doch schon zu Anfang gewesen!
Während er noch darüber
nachdachte, fiel ihm ein, dass auf dem Marktplatz gar keine Kinder wohnten.
Verzweifelt stützte der Dorfweihnachtsmann seinen Kopf in die Hände, denn nun
hatte er plötzlich einen Sack zu viel.
Er schaute in den zweiten Sack
und stellte fest, dass diese Päckchen für die Kinder bestimmt waren, die auf dem
Rehweg wohnten.
Dem
Dorfweihnachtsmann schwirrte der Kopf. Langsam begriff er die ganze schreckliche
Wahrheit: Er hatte alle Säcke vertauscht und überall die falschen Geschenke
hingebracht! Was sollte er jetzt machen? Inzwischen war es schon vier Uhr
morgens und bald würden die ersten Leute aus ihren Betten kriechen. Er konnte
unmöglich alle Päckchen wieder einsammeln und neu verteilen!
(...)Leseprobe aus "Adventskalender zum Lesen und Vorlesen, erhältlich bei amazon.
Leserstimmen:
- Ein Adventskalender der besonderen Art. Jeden Tag vom 1.-24. Dezember - führt uns die Autorin Eva Markert in eine andere Geschichte hinein. Lässt sie den Leser miterleben und wieder "Kind" sein. Eine wunderbare Idee, diese Buch ist nicht nur für Kinder, sondern auch für Erwachsene besonderes lesenswert.
- Meine Nachbarinnen und ich haben diese 24 Geschichten zum Vorlesen in der Adventszeit gekauft und sind total begeistert! Die Geschichten sind spannend, abwechslungsreich und einfach schön! Die Kinder freuen sich auf das abendliche Vorlesen und sogar wir (die Mütter oder Väter) sind gespannt, was in der nächsten Geschichte passieren wird. Manche Geschichten möchten unsere Kinder auch wieder und wieder hören (...)