Kelly hatte den Anhänger auf dem Küchentisch abgelegt und suchte
gerade nach einem Reinigungstuch in ihrem Küchenschrank, um das kostbare Stück
damit zu polieren. Dann klingelte das Telefon und sie hob ruckartig den Kopf.
Ein lauter Rums ertönte, während ein stechender Schmerz durch ihren Schädel
fuhr. Leicht taumelnd ging sie an den Küchentisch und setzte sich. Vorsichtig
betastete sie ihren Kopf und sah dann an ihren Fingern nach, ob daran Blut
klebte. Das Telefon hatte schon längst aufgehört zu läuten. Seufzend betastete
sie erneut ihren Kopf und spürte eine dicke Beule.
„Ganz toll“, murmelte sie verärgert und stellte zu allem Übel
auch noch fest, dass ein Reinigungstuch direkt neben der Spüle lag. Also waren
der ganze Aufwand und ihre Verletzung auch noch ganz umsonst gewesen. Sie holte
das Tuch und setzte sich wieder an den Küchentisch. Vorsichtig rieb sie damit
über den Anhänger. Dabei erinnerte sie sich an längst vergangene
Weihnachtsfeste. Es war immer so aufregend für sie gewesen, wenn sie ihrer Mum
geholfen hatte, das ganze Haus weihnachtlich zu dekorieren. Und dann erst der
langersehnte Moment, wenn die von ihrem Dad angebrachte Außenbeleuchtung zum
ersten Mal eingeschaltet wurde und die ganze Familie gespannt zugesehen hatte …
! Kelly musste lächeln, als sie an den Duft der selbstgebackenen Plätzchen
dachte, der die Küche in ihrem Elternhaus zur Weihnachtszeit erfüllt hatte. Sie
vermisste ihre Familie und den Trubel der Vorweihnachtszeit. Ja, sogar die
nervigen Anrufe ihrer Mum, die sie wegen jeder Kleinigkeit anrief, während sie
das Familienfest vorbereitete und wie in jedem Jahr kurz davor war, alles
hinzuschmeißen.
„Ich werde mit deinem Dad einfach in den Urlaub fahren und an
Weihnachten mit einem Glas Piña Colada unter der karibischen Sonne mit ihm auf
die Familie anstoßen!“, hatte sie schon oft in den Telefonhörer gemeckert, aber
das hatten ihre Eltern bis jetzt noch nie getan und das würden sie auch
hoffentlich nie tun. Dafür liebte ihre Mum das Weihnachtsfest und den
dazugehörigen Trubel einfach viel zu sehr. Kelly runzelte die Stirn. Vielleicht
saßen sie aber auch gerade in einem Flugzeug und ihre Mum machte ihre Drohung
tatsächlich wahr. Denn in diesem Jahr war alles anders. Nach dem Streit war
alles anders und Kelly wusste nicht, wie sie das ungeschehen machen konnte.
Traurig starrte sie auf den Anhänger und rieb dann langsam mit dem Tuch weiter.
Auf einmal wurde ihr schwarz vor Augen. Sie versuchte sich gerade noch an der
Tischkante festzuhalten. Doch zu spät. Sie kippte zur Seite und hatte das
Gefühl endlos tief zu fallen.
Klappentext
Kelly liebt es, über Flohmärkte zu gehen und alte Schätze zu entdecken.
Dabei findet sie einen außergewöhnlichen Weihnachtsbaumanhänger: Er
hilft ihr zu verstehen, was wirklich wichtig an Weihnachten ist, und
schickt sie auf eine ganz besondere Reise.
Autorin:
Kerstin Ax wurde 1982
in einer mittelhessischen Kleinstadt geboren und lebt noch heute mit ihrem Mann
dort. Im Jahr 2009 veröffentlichte sie ihren ersten Roman „Geheimakte Eden –
Jedes Ende hat auch einen Anfang“ und belegte einen Kurs an der Hamburger Schule
des Schreibens den sie im Jahr 2012 erfolgreich abschloss. Im selben Jahr
veröffentlichte sie ihren ersten Liebesroman „12 Briefe und ein Wunder“. Danach
folgte der Roman „Mandelzauber“ und mehrere Kurzgeschichten.