Bonny's Weihnachts-Erinnerungen
In der Wohnstube war es warm und dämmerig, denn nur
der Schein der unruhig flackernden Kerzen erhellte den Raum. Das störte den
kleinen Hund kaum, der gemütlich zusammengerollt in seinem Körbchen lag und mit
halb geöffneten Augen vor sich hin döste. Ganz plötzlich richtete er sich
erschrocken auf, als sei er aus einem unsagbar schlechten Traum erwacht.
Vorsichtig blickte er sich um und gähnte. Zu seiner Linken saßen Herrchen und
Frauchen, während die Kinder in der Nähe des Weihnachtsbaums mit ihren neuen
Geschenken spielten. Nils baute ein riesiges Haus aus bunten Steinen. Er war
gerade dabei die Fenster einzusetzen,während Steffi ganz vertieft in ein neues
Buch war, das sie einfach nicht mehr aus der Hand legen konnte. Aber dennoch
riskierten die beiden einen kurzen Blick auf ihren geliebten Vierbeiner, der
sich nun wieder entspannt in seinem Korb zurecht legte, um erneut in tiefe
Träume zu versinken….
Ach ist das gemütlich hier! Wenn ich darüber nachdenke
was für Zeiten hinter mir liegen! Ich kann es oft gar nicht glauben, dass mich
diese nette Familie bei sich aufgenommen hat. Manchmal wünschte ich, ich könnte
ihnen meine Geschichte erzählen. Dann würden sie verstehen, warum ich schlechte
Träume habe.
Es fing eigentlich schon damals damit an, dass ich
plötzlich von großen Händen gepackt und von meinen Geschwistern fortgetragen
wurde. Ich blickte in die Gesichter einer Frau und eines mürrisch
dreinschauenden Mannes. Um sie herum wuselten zwei Kinder, die sich ständig
neckten und sich so gar nicht für mich zu interessieren schienen. Wie
erleichtert war ich, als mich mein Frauchen wieder zurück zu den anderen
Geschwistern brachte. Aber einige Tage später hieß es dann endgültig Abschied
nehmen. Wie traurig war ich und ich weinte auf der ganzen Fahrt in mein neues
Zuhause.
Dort angekommen hätte ich mich am liebsten unter das
Sofa verkrümelt. Allerdings bekam ich keine Gelegenheit um mich zu verstecken,
denn ich wurde sofort von einem zum anderen gereicht, geknuddelt und gedrückt.
Ich glaube, dass es meine neuen Besitzer nicht einmal böse meinten, sie wussten
es nur nicht besser. Es wäre sicherlich gut gewesen sie hätten mehr über uns
Fellnasen gewusst. Aber diese Menschen, zu denen ich kam, wollten mich nur als…
Weihnachtsgeschenk für ihre Kinder. Zu Anfang gefiel es mir, dass ich so viel
Aufmerksamkeit bekam, aber schon nach ein paar Wochen war ich scheinbar
uninteressant für alle geworden. Wenn ich Herrchen und Frauchen anstupste,
damit sie mit mir spielen, drehten sie sich weg und ich ging oft traurig in
mein Körbchen. Wie gerne hätte ich gespielt und getobt, so wie damals, als ich
noch ganz neu war. Nun sollte ich ein lieber Hund sein, der keinen Krach und
vor allem keinen Dreck machen durfte. Dabei konnte ich doch gar nichts dafür,
dass ich ständig mein Fell verlor.
Allmählich wurde ich zu dem Hund, den sich meine
Familie vorgestellt hatte. Ich war still und hörte sogar auf „Sitz“ und „Platz“
und alle möglichen anderen Dinge. Zur Belohnung bekam ich stets meine
Leckerchen, aber auf ein liebes Wort oder ein liebes Streicheln über meinen
Kopf, das ich so liebte, wartete ich vergebens. Immer mehr und mehr merkte ich,
dass ich eben nur ein Geschenk war. Die Kinder stritten stets darum, wer denn
nun mit mir Gassi gehen sollte. Manchmal machte ich vor lauter Verzweiflung in
die Ecke, obwohl ich wusste, dass man mich ausschimpfen würde. Aber ich konnte
nicht anders.
So verging die Zeit und aus mir wurde ein sehr stiller
und mutloser Hund. Manchmal, in meinen Träumen, sah ich mich wieder zusammen
mit meinen Geschwistern über die weiche Wiese rennen. Wie herrlich war es
damals. Dann bin ich voller Hoffnung mit den Fremden mitgegangen und als ich
merkte, wie anders hier doch alles war, blieben mir nur die Träume und die Hoffnung auf bessere Zeiten.
Allerdings war das noch nicht alles und abermals zu Weihnachten sollte
sich mein Leben noch einmal ändern. Es war bitterkalt und manchmal fiel dieses
weiße Puderzeug vom Himmel, dass die Menschen Schnee nennen. Als ich es das
erste Mal sah, war ich noch ein glücklicher Hund, denn da war ich ja noch neu
in der Familie und alle wollten mit mir herumtollen. Setzte ich zuerst ganz vorsichtig
eine Pfote vor die andere, so merkte ich bald, wie herrlich man in diesem
weißen Puderzeug herumtollen konnte. Ich rannte mit den Kindern um die Wette
und es hätte für mich immer alles so weitergehen können! Irgendwann wurde es
allen zu kalt und so gingen wir in die gemütliche Wohnung, wo ich in meinem
Körbchen schnell einschlief. Das war damals als ich noch ein glücklicher Hund
war.