Freitag, 11. Dezember 2015

Siggi möchte Weihnachten feiern von Rosemarie Benke-Bursian


Foto Eva Joachimsen


“Aber dieses Jahr, dieses Jahr bleibe ich auf. Jetzt bin ich ja schon soooo groß!“ Siggi richtete sich auf seinen vier kurzen Beinchen so hoch auf, wie er nur konnte und stellte die Stacheln in die Höhe.
Mama Igel schüttelte den Kopf. „Das hat mit Größe gar nichts zu tun. Igel müssen Winterschlaf halten. Das ist einfach so.“
„Genau“, tönte es aus dem Blätterhaufen. „Wer nicht schläft zur Winterszeit, im Frühjahr nicht lange am Leben bleibt. Alte Igel-Weisheit.“ Großvater Igel schob seine angegraute Schnauze zwischen den Blättern hervor. „Wo bleibt ihr denn?“ brummelte er.
„Sie warten vermutlich auf mich.“ Papa Igel tauchte aus dem Gestrüpp unter den Bäumen auf und sah Siggi und Mama Igel an. „Sind alle bereit?“
„Die Kleinen liegen schon in ihrem Winternest“, sagte Mama Igel „und Siggi und ich sind auch so weit.“
„Aber ich wollte doch wenigstens einmal Weihnachten feiern.“ Siggi schaute enttäuscht zu seinen Eltern. Da hatte ihm sein Freund Hops der Hase wohl was Falsches erzählt. Der hatte nämlich behauptet, je älter er wurde, umso länger durfte er wach sein. Und so tolle Weihnachtsgeschichten hatten sie alle erzählt. Von einem Nikolaus, von vielen Lichtern, von gutem Essen, vom Weihnachtsmann und tollen Geschenken. Selbst Oskar, der Frosch, hatte an wärmeren Weihnachtstagen schon am Fest teilgenommen.
Und nur, weil sie immer Winterschlaf machten, sollte Siggi das nicht erleben? Das konnte doch einfach nicht sein!
„Für Igel gibt es kein Weihnachten. Und jetzt keine Diskussion mehr. Jetzt wird geschlafen.“ Papa Igel schob Siggi in den Blätterhaufen. Für diesmal hatte Siggi keine Argumente mehr. Nächstes Jahr musste er das anders vorbereiten. Viel besser!
Als Siggi im Frühjahr aus dem Winterschlaf erwachte, hatte er einen Riesenhunger und zog los um etwas Fressbares zu finden. Seine Eltern, Geschwister und der Großvater taten es ihm gleich.
„Wer nicht frisst zur Frühjahrszeit, im Sommer nicht lange am Leben bleibt. Alte Igel-Weisheit“, brummte der Großvater und verspeiste einen besonders großen Regenwurm.
„Ja, fresst euch ordentlich satt“, sagte Papa Igel und schob Siggis Geschwister zu einer Stelle, an der sich ganz viele Kellerasseln tummelten.
Siggi kaute auf einem Tausendfüßler herum und ließ dabei einen kleinen Käfer, der von ihm weg krabbelte, nicht aus den Augen. Schließlich war er satt und dachte an Weihnachten. Rasch machte er sich auf die Suche nach seinen Freunden, die ihm helfen sollten, einen Plan zu schmieden.
Hops kräuselte die Nase und sagte nichts. Schließlich hatte Siggi gerade darüber gemeckert, dass sein Ratschlag nicht geholfen hatte.
Mia Feldmaus lag neben Hops und schielte auf die große Nuss, an der Felix, das Eichhörnchen, herum knabberte. Felix schielte zurück, und immer wenn Mia zuckte, hörte er zu knabbern auf, duckte sich und schien, als wolle er gleich wegspringen. Die Nuss war angeblich die letzte aus seinem Wintervorrat. Oskar, der Grasfrosch blinzelte mit den Augen und wiegte seinen Kopf.
„Hört ihr mir überhaupt zu?“ Siggi schaute empört in die Runde. Das waren ja feine Freunde, ständig  nur mit sich selbst beschäftigt.
„Schadoch“, quetschte Felix zwischen zwei Bissen hervor und ließ dabei einen kleinen Brocken der Nuss fallen. Noch ehe er reagieren konnte, war Mia vorgeschnellt, hatte das Nussstück geschnappt und in sichere Entfernung geeilt, wo sie es dann herunterschlang.
„Könnt ihr eigentlich noch was anderes als fressen?“ schimpfte Siggi.
„Schadoch“, sagte Felix, schluckte den letzten Bissen herunter und ergänzte: „Klauen.“ Dabei funkelte er Mia Maus an.
„Schlafen“, sagte Oskar und machte beide Augen zu.
Hops kräuselte seine Nase, sog hörbar die Luft ein und sagte dann doch nichts.
„Wollt ihr mir nun helfen, Weihnachten zu feiern, oder nicht?“, fragte Siggi und schaute alle der Reihe nach an.
„Na klar“, sagte Felix. Oskar machte die Augen auf und nickte heftig. Mia Maus kam wieder heran getippelt und setzte sich neben Hops, der mit den Schultern zuckte. „Und wie?“
„Ich habe eine Idee“, sagte Mia. „Du musst einfach vorschlafen.“
„Vorschlafen?“ Siggi überlegte, wie Mia das meinen konnte.
„Natürlich. Super.“ Felix schien kein bisschen mehr böse. „Das ist die Lösung! Du schläfst jetzt bis zum Herbst jeden Tag ein bisschen auf Vorrat. Dann hast du im Winter so viel überzähligen Schlaf, dass es mindestens bis Weihnachten reicht.“
„Vorschlafen ist eine klasse Idee“, sagte Oskar, „ich helfe dir dabei.“ Mit diesen Worten klappte er die Augen wieder zu.
„Klingt gut, “ meinte Hops, „aber ob es funktioniert, weiß ich natürlich nicht, also ich meine, ich möchte nicht wieder Schuld sein …“
„Ach was, Hops!“ Siggi klopfte seinem Freund auf den Rücken. „Ich weiß ja, dass du es gut gemeint hast.“
Hops strahlte. „Also in dem Falle würde ich dir zum Vorschlafen raten“, sagte er.
So war es beschlossene Sache.
Siggi nutze nun jeden Tag, um ein bisschen vorzuschlafen. Schließlich dachte Mama Igel, er sei krank, weil er so viel schlief, und wollte Doktor Eule holen.
„Wer viel schwächelt zur Sommerszeit, im Herbst nicht lange am Leben bleibt“, brummelte der Großvater.
„Ich weiß, alte Igel-Weisheit“, sagte Siggi und sah sich gezwungen, seiner Mutter von dem Plan erzählen. Die schaute erst verblüfft, dann lächelte sie und sagte nichts mehr.
Als es Zeit für den Winterschlaf war, fühlte sich Siggi tatsächlich kein bisschen müde, ließ sich aber von Mama Igel überreden, erst einmal zu allen ins Nest zu kriechen. Schließlich würde es draußen bitterkalt und Weihnachten könne er dann ja rausgehen. Siggi war einverstanden und schloss die Augen. Noch ein bisschen vorschlafen, war vielleicht auch nicht verkehrt.
Als Siggi wieder aufwachte, waren seine Eltern schon aufgestanden. Draußen schien die Sonne, die Vögel zwitscherten. Es war Frühling.
Siggi hatte Weihnachten ereneut verschlafen.
Traurig schlich er zum Treffpunk seiner Freunde. Felix saß schon da und knabberte an einer Nuss. Mia kam von hinten an ihn herangeschlichen, doch da kam Hops heran gehoppelt und grüßte Mia. Felix drehte sich um und presste die Nuss fest zwischen seine Pfoten. Mia setzte sich neben Oskar, der erschrocken die Augen aufriss. „Oh, schon alle da“, sagte er und nickte in die Runde.
„Wo warschu denn an Weihnachten?“ fragte Felix und kaute genüsslich auf einem Nussstück herum. Alle schauten gespannt zu Siggi.
„Hab geschlafen. Das Vorschlafen hat nicht funktioniert. Das war vollkommen für die Katz.“
Mia Maus quiekte auf und versteckte sich unter einem Gesteinsbrocken.
„Hi, hi, hi“, kicherte Felix. „Das kommt davon, wenn man nur auf das Essen anderer Leute achtet. Dachtest wohl, da kommt ne Katz? Hi, hi“
Mia kam wieder hervorgekrochen und schaute Felix böse an. „Lieber einmal zu viel versteckt, als einmal von der Katz entdeckt.“
Siggi verdrehte die Augen. „Du klingst fast wie mein Großvater“, sagte er.
„Waaas?“ Mia baute sich vor Siggi auf und schaute ihn mit gerunzelter Stirn von unten an. “Ich soll großväterlich aussehen?“
Siggi schüttelte den Kopf. „Mein Großvater hat auch immer solche Igel-Weisheiten parat.“
„Igel-Weisheiten?“ Mia war immer noch nicht besänftigt. Und was soll ich wohl mit großväterlichen Igel-Weisheiten anfangen?“
„Vergiss es einfach“, sagte Siggi, der keine Lust auf Streit hatte.
Den anderen schien das nichts auszumachen. Oskar hatte die Augen geschlossen, Felix kaute strahlend und schaffte es, die Nuss aufzufressen, bevor Mia wieder zu ihm schaute. Hops grinste vor sich hin und schien sich zu freuen, dass mit ihm niemand Streit hatte.
Siggi schaute sie der Reihe nach an und wandte sich dann zum Gehen. „Ihr versteht ja gar nicht, wie traurig ich bin“, sagte er.
Das ließ die anderen aufschrecken, selbst Oskar öffnete die Augen und rief: „Warte, wir helfen dir.“
„Ja?“ Hoffnungsvoll wandte Siggi sich um. „Und wie?“
Ja wie? Da waren sie nun alle erst einmal wieder ratlos. Und so vereinbarten sie, dass jeder zunächst für sich allein drüber nachdachte und dass sie sich in drei Tagen wieder treffen wollten.
Nach den drei Tagen tippelte Siggi mit gemischten Gefühlen zum Treffpunkt. Ob den anderen wohl etwas eingefallen war?
Bis auf Felix warteten schon alle. Als sie gerade ohne ihn anfangen wollten, kam er jedoch direkt vom Baum über ihnen, an der Rinde entlang herunter gesaust.
„Und?“ Siggi sah in die Runde.
„Mir ist nur eingefallen, dass einer in Siggis Bau gehen müsste, um ihn zu wecken“, sagte Hops. „Aber ich bin zu groß.“
„Ich auch“, sagte Felix.
„Ich gehe nie und nimmer in einen unterirdischen Bau.“ Oskar schüttelte heftig den Kopf. Alle schauten Mia an.
„Und wie soll das gehen? Soll ich so laut rufen, dass alle aufwachen? Schütteln geht ja schlecht, wenn da lauter eingeigelte Stachler rumliegen.“ Mia schaute die anderen an, aber keiner hatte darauf eine gute Antwort. „Siggi muss in ein Land fliegen, wo es warm ist, und wo er keinen Winterschlaf machen muss.“, sagte Mia. „Ich habe mit Esther, der Schwalbe, gesprochen. Da wo sie hinfliegt, bleibt es ganz warm, auch im Winter.“
Die Freunde schauten einander fragend an. Aber wie Siggi in das warme Land kommen sollte, wo er doch gar keine Flügel hatte, dass konnte Mia auch nicht sagen.
„Außerdem würde ich lieber mit euch feiern“, meinte Siggi leise und schaute von Oskar zu Felix, ob die noch eine gute Idee hätten.
Oskar schaute etwas verlegen. Ihm war rein gar nichts eingefallen, gestand er. Rein gar nichts, obwohl er doch drei Tage lang nichts wie gedacht hatte.
„Vielleicht weiß ich was.“ Felix sah aus, als hätte er wirklich den rettenden Plan. „Ich habe mir gedacht, dass Siggi ein Elixier braucht.“
„Ein Elixier?“
„Was für ein Elixier?“
„Was ist denn ein Lexier?“
So fragten sie durcheinander.
„Ein Wachhalte-Trank. Eine Medizin, die Siggi am Einschlafen hindert. Ein Gegenmittel gegen Winterschlaf.“
„Aaah“, sagte Hops.
„Oooh“, sagte Mia.
„Quak“, machte Oskar.
„Gar kein Quark“, sagte Felix. „Ich bin zum weisen Raben gegangen und habe ihn um Rat gefragt.“
„Zum weisen Raben, aaah“, sagte Hops.
„Oooh“, machte Mia.
„Weiser Rabe. Quak“, sagte Oskar.
„Das ist kein Quark!“, rief Felix. „Es gibt so ein Elixier wirklich, und der weise Rabe kommt gleich selbst hierher.“
„Kommt selbst, aaah“, sagte Hops.
Doch bevor Mia ein drittes Mal „oooh“ sagen konnte, kam ein Rabe angeflattert und setzte sich in ihre Mitte. Oskar riss die Augen auf und klappte sein Maul auf und zu, ohne einen Ton herauszulassen.
Der weise Rabe bestätigte Siggi, dass es so ein Elixier gab und dass er es Siggi gerne besorgen wolle. Dies sei aber eine sehr schwierige Aufgabe. Deshalb müsse Siggi den Raben dafür bis in den Herbst mit Futter versorgen, damit der Rabe sich ganz auf diese Aufgabe konzentrieren könne.
Siggi willigte sofort ein. Wenn er dafür endlich Weihnachten erleben konnte, würde er jede Arbeit der Welt annehmen.
Wie schon im letzen Jahr, hatte Siggi nun kaum noch Zeit für seine Freunde. Diesmal verbrachte er seine freie Zeit allerdings statt mit vorschlafen mit zusätzlicher Futtersuche. Das brachte er dann dem Raben zu einer vereinbarten Stelle.
Seine Mutter wunderte sich, dass er so viel Futter sammelte und trotzdem nicht wirklich zunahm.
„Wer dünn bleibt bis zur Herbsteszeit, im Winter nicht lange am Leben bleibt“, brummte der Großvater, „du weißt ja, alte Igel-Weisheit.
„Genau“, sagte Papa Igel und schubste Siggi zu einer Kolonie Schnecken, damit er noch eine weitere Portion fraß.
Schließlich kam der Herbst. Siggi war von der vielen Arbeit so müde, dass er beinahe eingenickt wäre, während er mit seinen Freunden auf den weisen Raben wartete. Zum Glück lärmten seine Freunde bei dessen Ankunft so sehr, dass er gleich wieder hellwach wurde.
Das Elixier gegen Winterschlaf war eine klare Flüssigkeit und schmeckte nach nichts, eigentlich ähnlich wie Wasser. Siggi trank alles bis auf den letzten Tropfen aus und fühlte sich gleich etwas frischer. Aber ein bisschen ausruhen wollte er jetzt doch nach der vielen Arbeit. Bis Weihnachten war ja noch Zeit.
Als Siggi aufwachte, waren seine Eltern nicht im Bau. Draußen schien die Sonne, die Vögel zwitscherten. Es sah aus wie Frühling.
Siggi konnte es nicht fassen. Er hatte Weihnachten verschlafen. Trotz Wachhalte-Elixier!
Verwirrt rannte er zum Treffpunkt, wo seine Freunde schon warteten. Felix knabberte wie üblich an seiner letzten Nuss. Mia saß in einiger Entfernung, neben sich eine langen Zweig. Als Siggi ankam, schaute Felix auf, um ihn zu begrüßen. Diesen Moment der Unachtsamkeit nutze Mia, um mit dem Zweig Felix die Nuss aus den Pfoten zu stupsen. Die Nuss fiel zu Boden und bevor Felix reagierte, hatte Mia ein großes Stück herausgebissen und war zu ihrem Platz zurück gerannt.
Felix machte „Hmmpf“ und schluckte den Bissen, den er im Maul hatte, im Ganzen herunter. Oskar riss seine Augen auf und Hops schlug mit den Pfoten auf den Boden.
„Was ist passiert?“ fragte Siggi ganz außer Atem.
„Mia hat wieder geklaut“, sagte Felix und presste den Nussrest fest an seine Körper.
„Ich meine doch Weihnachten“, keuchte Siggi.
„Du warst nicht da“, sagte Oskar und blinzelte ein bisschen.
„Eben. Ich habe wieder fest geschlafen. Wie konnte das passieren?“
„Du warst von der vielen zusätzlichen Arbeit wahrscheinlich zu müde“, meinte Hops.
„Es hat nicht gewirkt“, sagte Mia, leckte sich einen kleinen Nusskrümel aus dem Fell und schluckte es herunter.
„Aber warum hat es nicht gewirkt? Warum?“ Siggi war so enttäuscht, dass ihm die Tränen in den Augen brannten.
„Vielleicht wirkt es nicht bei Winterschläfern“, schlug Oskar vor.
„Ich glaube, es war Betrug“, sagte Mia.
„Der weise Rabe ist jedenfalls fort“, sagte Felix kleinlaut.
Dann schauten alle traurig vor sich hin und niemandem fiel mehr etwas Gescheites ein. Schließlich hielt Siggi es nicht mehr aus und verabschiedete sich.
Den ganzen Sommer sprach niemand mehr über Weihnachten. Siggi selbst mied das Wort, als könne es ihn verbrennen. Richtig fröhlich wurde er aber auch nicht, obwohl seine Freunde alles versuchten, ihn irgendwie aufzuheitern.
Schließlich kam der Herbst und Familie Igel bereitete sich wieder einmal auf den Winterschlaf vor. Auch Siggi half diesmal fleißig mit, den Bau zu putzen und das Nest gemütlich auszupolstern. Die Freunde traf er nur noch selten.
Einen Tag bevor sich Siggi bei ihnen zum Winterschlaf verabschieden wollte, kamen sie selbst beim Bau vorbei. Allen voran Felix, dahinter Hops, dann Oskar und zum Schluss Mia. Sie tuschelten und kicherten und Siggi fragte sich, was das zu bedeuten hätte.
„Komm mal mit“, sagt Felix und die Freunde drehten wieder um.
„Na geh schon“, sagte Mama Igel und Papa Igel schubste ihn hinter Mia her.
So folgte Siggi seinen Freunden und in einiger Entfernung folgten auch seine Eltern, Geschwister und der Großvater nach.
Sie mussten gar nicht weit gehen, da sah Siggi die Überraschung, die seine Freunde für ihn bereitet hatten.
Vor ihm stand ein Tannenbaum, der über und über mit bunten Material versehen war. Alles, was seine Freunde im Wald und auf den Feldern gefunden hatten, hatten sie hier befestigt: Blinkende Dosen, rote, blaue, gelbe grüne und lila Papierstreifen, schillernde Papierkugeln, bunte Stofffetzen, schimmernde Glasscherben und glitzernde Metallstücke. Unter der Tanne war ein kleiner Baumstumpf, auf dem das leckerste Essen auf Blättern angerichtet war. Während Siggi noch staunend den Baum betrachtete, stellten sich seine Freunde davor und stimmten ein Weihnachtslied an. Dann noch eines und noch eines. Die Igel Familie sang mittlerweile mit. Und schließlich sang auch Siggi, laut und mit glänzenden Augen.
„Frohe Weihnachten!“ rief Felix schließlich und umarmte Siggi.
„Fro... frohe ... aber ...“  stotterte Siggi und fühlte sich wie in einem Traum. Einem wunderbaren Wunschtraum.
„Wir haben Weihnachten vorverlegt“, piepste Mia und reichte Siggi eine große Nuss. „Ein Weihnachtsgeschenk für dich“, sagte sie.
„Waas?“ Felix fuhr herum, „das ist doch mein ...“ Schon wollte er nach der Nuss greifen, die Siggi mit freudigem Lächeln angenommen hatte, hielt dann aber mitten in der Bewegung inne. „Ähh, ja, ...“ brummte er, „wie Mia schon sagte, das ist ein Geschenk von ihr und mir zusammen. Und außerdem wünsche ich dir noch einen wunderschönen Winterschlaf und dass du von diesem Weihnachten träumst.“
Ehe Siggi antworten konnte, hopste schon Oskar heran.
„Ich habe dir ein paar Fliegen gefangen und wünsche dir, dass du nächstes Jahr ganz fröhlich aufwachst und wir alle mal wieder viiiiel Spaß haben.“
„Und von mir bekommst du ein ganz weiches Mooskissen für den Bau, damit du richtig gut schlafen kannst“, sagte Hops und drückte das Mooskissen fest in Siggis Pfoten. „Außerdem wünsche ich dir noch viele gesunde Jahre.“
„Frohe Weihnachten, frohe Weihnachten!“ rief Siggi ein ums andere Mal. Selbst die Igel wünschten sich gegenseitig frohe Weihnachten. Nur der Großvater stammelte: „Wenn Igel feiern das Weihnachtsfest, dann ... dann ...“ Aber dafür gab es wohl keine Igel-Weisheit und er verstummte wieder, den Blick nicht von dem blinkenden Baum lassend.
Schließlich setzten sich alle um den Baumstumpf. Mia sagte: „Das Buffet ist eröffnet.“ Und alle fingen an zu mampfen und zu schmatzen. Selbst Mia schaute nur auf ihren eigenen Blätterteller und ließ Felix alleine eine große Nuss verspeisen.
Siggi war nach dem Essen immer noch überwältigt und konnte sich nicht sattsehen an dem prächtigen Baum und der fröhlich lachenden Gesellschaft.
„Ach liebe Freunde. Ich weiß gar nicht was ich sagen soll“, sagte er schließlich in die Runde. „So eine Überraschung. Danke! Vielen Dank! Jetzt habe ich doch ein Weihnachtsfest erleben dürfen! Und was für ein tolles!“ Verstohlen wischte er sich eine Träne aus dem Auge. „Und wisst ihr, was überhaupt das Schönste ist an diesem Weihnachten?“ Siggi schaute in die fragenden Gesichter. „Das Schönste ist, dass ich so tolle Freunde habe, die all das extra für mich veranstaltet haben.“



Rosemarie Benke-Bursian studierte Biologie mit Abschluss Diplom und veröffentlichte während der Promotion die ersten wissenschaftlichen Beiträge. Es folgten einige Jahre im wissenschaftlichen Produktmanagement der Industrie, wo sie u.a. für journalistische Artikel und Informationsbroschüren verantwortlich war. Mittlerweile ist sie freiberufliche Journalistin, Autorin und (Werbe-)Texterin und hat zahlreiche Texte für Fachleute und interessierte Laien aus Naturwissenschaft, Medizin und Gesundheit geschrieben sowie diverse Sachbücher zu Mathematik, Physik, Astronomie und Biologie veröffentlicht.

Ihre große Liebe gilt außerdem dem Verfassen von Kindergeschichten, Kurzgeschichten und Krimis, von denen viele in Literaturzeitschriften, diversen Anthologien und eigenen Büchern veröffentlicht sind, einige davon mir Auszeichnung. Daneben hält sie Lesungen, leitet kreative Schreibwerkstätten und andere Projekte. Seit 2013 ist  sie Mitglied der Mörderischen Schwestern, Regionalgruppe Bayern.
Weitere Infos gibt es auf der Website der Autorin.